Mutmaßliche Gruppenvergewaltigung auf Mallorca: Gericht stellt Verfahren gegen den sechsten Mann ein

Der deutsche Urlauber war gar nicht erst in U-Haft eingewiesen worden. Fünf weitere Mitglieder der Freundesgruppe verbleiben erst einmal in Haft. Anwälte haben Freilassung gefordert

Ciro Krauthausen

Ciro Krauthausen

Ein Ermittlungsgericht in Palma hat das Verfahren gegen einen der ursprünglich sechs festgenommenen deutschen Urlauber, die auf Mallorca einer Gruppenvergewaltigung beschuldigt werden, definitiv eingestellt. Er war gar nicht erst in Untersuchungshaft eingewiesen worden, weil er nachweisen konnte, dass er zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt schlief. Die fünf anderen Beschuldigten befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Über die von ihren Verteidigern beantragte Freilassung muss dieser Tage eine Ermittlungsrichterin entscheiden.

MZ-Informationen zufolge weisen die Anwälte in ihren Anträgen auf Widersprüche in den bisherigen Darstellungen des mutmaßlichen Tathergangs hin und argumentieren, dass mehrere der in Spanien für die Aufrechterhaltung der U-Haft vorgeschriebenen Bedingungen nicht gegeben sind.

So bestehe weder die Gefahr, dass die fünf jungen Männer sich bei Freilassung dem Zugriff der Justiz entziehen, noch dass sie Beweismittel zerstören oder das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer weiter bedrohen. Etwaige Meldeauflagen könnten auch in Deutschland erfüllt werden. Die Untersuchungshaft sei daher unverhältnismäßig. Die zwischen 21 und 23 Jahre alten Beschuldigten stammen aus Lüdenscheid in Nordrhein-Westfalen, sind dort verwurzelt und leben in geregelten Verhältnissen.

Die fünf Männer sind seit zwei Wochen im Gefängnis von Palma inhaftiert und bestreiten, in der Nacht vom 12 auf den 13. Juli in einem Hotel an der Playa de Palma die aus Hannover stammende deutsche Urlauberin vergewaltigt zu haben.

Wie aus dem Polizeibericht und der Ermittlungsakte hervorgeht, ist weitgehend unstrittig, dass es in der Nacht zwischen der Frau und einem der beiden jungen Männer sowie später auch mit zwei weiteren der Männer einvernehmlichen Sex gab. Erst danach soll es laut den Aussagen der Frau zur sexuellen Nötigung gekommen sein.

Anwälte weisen auf Widersprüche hin

Der Ermittlungsrichter, der die Beschuldigten am 15. Juli in Untersuchungshaft einwies, hielt die Aussagen der Frau für glaubwürdig. Die Anwälte verweisen in ihren Anträgen auf diverse Widersprüche. Diese hatte auch der Ermittlungsrichter eingeräumt, aber mit der aufgewühlten Verfassung der Frau erklärt.

Zudem stellen die Verteidiger die Schlussfolgerungen aus einer ärztlichen Untersuchung des mutmaßlichen Opfers sowie aus einer Zeugenaussage infrage. Ihre Mandanten hätten im Übrigen von Anfang an mit der Polizei kooperiert.

Eine Richterin entscheidet über die Beibehaltung der U-Haft

Über die Entlassung aus der Untersuchungshaft entscheidet nun nicht der ursprüngliche Ermittlungsrichter Antoni Rotger, der zum Zeitpunkt der Haftvorführung diensthabend war, sondern die Ermittlungsrichterin Ana San José Cabero. Sie war zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Vergewaltigung im Dienst und ist deswegen formal zuständig.

Mit einer Entscheidung wird in den kommenden Tagen gerechnet. In Deutschland hat auch die Staatsanwaltschaft Hagen mittlerweile ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Eine Entlassung aus der Untersuchungshaft ist nicht mit einem Freispruch gleichbedeutend. Kommt es zum Prozess, drohen den Beschuldigten bei Verurteilung wegen schwerer Vergewaltigung in Spanien über zehn Jahre Haft.

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