Der Ärger ließ sich trotz der Entspannung bei einer Wandertour in der Tramuntana nur zeitweise ausblenden. „Seguint la natura … fugint de la beneitura“ – in etwa „unterwegs in der Natur, auf der Flucht vor dem Unfug“ – schrieb Inselratspräsidentin Catalina Cladera zu Landschaftsfotos vom vergangenen Wochenende auf Facebook. Auch wenn die Sozialistin offen ließ, wen sie genau des Unfugs bezichtigt, ist klar: Der Ärger ist in der neuen Woche nicht verschwunden, im Gegenteil. Cladera muss eine handfeste Regierungskrise des Linksbündnisses im Inselrat meistern.

Dabei geht es nur vordergründig um einen umstrittenen Sponsoring-Vertrag des Inselrats mit Mallorcas Erstligisten Real Mallorca. Nach Ansicht der Juniorpartner der Sozialisten – Més per Mallorca und Podemos – ist nicht nur der im Koalitionsvertrag vereinbarte Kurs für eine nachhaltige Tourismuspolitik Mallorcas massiv gefährdet, sondern auch das Vertrauensverhältnis innerhalb der Koalition zerrüttet oder gar zerstört.

Marke der Hoteliersvereinigung

Ihren Ursprung hat die Krise in einer Abstimmung am Mittwoch vergangener Woche im Verwaltungsrat der Stiftung Mallorca Turisme: Real Mallorca soll für die Bewerbung des Sporttourismus in der Saison 2022/23 eine Summe von insgesamt 1,8 Millionen Euro erhalten. Zu dem Deal gehört neben Marketingaktionen im In- und Ausland auch der Name des Stadions, Visit Mallorca, der zwar Mallorcas Dachverband der Hoteliersvereinigungen (FEHM) gehört, aber der dem Inselrat fürs Marketing überlassen wurde.

Der Konflikt besteht nun sowohl in der Form als auch in der Sache. So erfuhren Més per Mallorca und Podemos von dem Deal offenbar erst, als die Abstimmung darüber auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Der Vorwurf: Das geplante Sponsoring sei von den Sozialisten hinter ihrem Rücken verhandelt worden. Die Vertreter der beiden Parteien votierten bei der Abstimmung mit Nein, ein Ja gab es dagegen von sämtlichen konservativen Oppositionsparteien. Més und Podemos stößt die Sache auch deswegen sauer auf, da in den beiden Parteien ohnehin der Eindruck herrscht, vom sozialistischen Koalitionspartner untergebuttert zu werden.

Geld lieber für kleine Sportclubs?

Noch weiter reicht der inhaltliche Konflikt. Die Juniorpartner sehen in dem Vertrag eine Förderung des ohnehin wieder ausufernden Massentourismus, an dessen Folgen in Form von Umweltbelastung und Gentrifizierung die einheimische Bevölkerung schwer zu tragen habe. Das Geld sollten stattdessen kleine Sportclubs erhalten, die es nötiger hätten. Ein Anwalt, der der Partei Més nahesteht, hat sogar Anzeige bei der EU erstattet, der Grundsatz der Wettbewerbsfreiheit könnte verletzt sein. Schließlich gebe es mit Atlético Baleares noch einen zweiten wichtigen Fußballclub auf der Insel. Zudem sei der vereinbarte Betrag im Vergleich zu den 50.000 Euro pro Jahr, die früher der Tourismuskonzern Iberostar für das Sponsoring des Stadionnamens zahlte, unverhältnismäßig hoch. Damals war der RCD allerdings auch gerade Zweitligist.

Sozialisten beharren auf Deal

Inselratspräsidentin Cladera wiederum nimmt ihren Partnern übel, dass sie den Konflikt über die Medien öffentlich austragen und einen Vertrag in schlechtem Licht dastehen ließen, der sorgfältig kalkuliert worden sei, wie Vertreter der Sozialisten argumentieren. Vergleichbare Abkommen anderer Clubs seien teurer oder böten weniger Reichweite. Und was die Overtourism-Debatte angeht: Beworben werde Mallorca speziell in der Zielgruppe der Sporttouristen, die eben nicht zur Hochsaison kämen, wenn die Insel wie derzeit aus allen Nähten zu platzen scheint, sondern stattdessen in der Nebensaison.

Die Wogen glätten sollte ein für Donnerstag (18.8.) anberaumtes Treffen der Parteispitzen. Inselratspräsidentin Cladera räumte ein, dass sie den Gesprächsbedarf im Bündnis unterschätzt habe, und signalisierte, dass sich zwar über die Konditionen, nicht aber über das Abkommen an sich reden lasse. Més wiederum verschickte am Donnerstag eine Mitteilung an Parteimitglieder, um sie auf einen möglichen Austritt aus der Koalition vorzubereiten, wie es heißt. Sollte die Krise nicht durch den Verzicht auf das Abkommen mit Real Mallorca beigelegt werden, werde auf einem Parteitag von Més über die Konsequenzen abgestimmt.