Wanderer kennen sie bestimmt: Die einheimischen braunen Rinder, die zwei Jahrzehnte lang beim Stausee Cúber und neben den Wegen zum Puig de L’Ofre weideten. Weil sie nicht länger auf der öffentlichen Finca bleiben konnten, mussten die Tiere im vergangenen Jahr umziehen. Freiwillige Helfer lockten die mehr oder weniger widerwilligen Rinder auf die Rampen zweier Lastwagen. Die Kühe konnten ja nicht wissen, dass sie künftig im Tal von Ariant bei Pollença in einem der schönsten Winkel Mallorcas ein gutes Leben führen werden.

Die Kühe kümmern sich mit ausgeprägtem Mutterinstinkt um ihre Kälber. | FOTO: ANTÓNIO MÁLAGA

Das Bioreservat

Der Puig Gros de Ternelles versorgt dort die Felder, Wiesen und Plantagen mit reichlich Wasser, sodass sie zu den fruchtbarsten der Insel zählen. Aber nicht nur das. Seit Jahrzehnten wird hier ökologisch gewirtschaftet, und so konnte das jetzige Bioreservat entstehen. Seit 2012 ist das rund 1.000 Hektar große Anwesen im Besitz der Fundación Vida Silvestre de la Mediterrania (FVSM). Evelyn Tewes, die Leiterin der Stiftung, kannte das Tal schon seit Langem, die Biologin und ihre Mitarbeiter durchquerten es häufig auf dem Weg zur Steilküste. Denn an den zum Meer abfallenden Felsen bauen die Mönchsgeier ihre Horste, die Paare brüten dort. Im Laufe von Jahrzehnten gelang es Tewes und ihren Helfern, die Population in ihren Habitaten so zu stabilisieren, dass sie nicht mehr vom Aussterben bedroht sind.

Die Rasse

Jetzt also Rinder. Schon etwas williger stiegen die fünfzehn Kühe sowie sieben weibliche und fünf männliche Kälber in Ariant aus den Transportern. Der Stier war jedoch nicht mit dabei, weil er bei der Vereinigung der mallorquinischen Rinderrasse (Associació de Criadors de Bestiar Boví de Raça Mallorquina) nicht registriert war. Diese bemüht sich seit den 1980er-Jahren um die Inselkühe, von denen es damals nur wenige Exemplare gab.

„Die einheimische Rasse ist klein, nicht viel größer als Esel, doch sie klettern so geschickt wie Ziegen“, sagt Tewes. Ihr Widerrist sei nur 125 Zentimeter hoch und die für ihr wohlschmeckendes Fleisch bekannten Rinder brächten weniger Kilogramm auf die Waage als nicht-einheimische Rassen. Doch bei den vacas mallorquines auf Ariant geht es nicht nur um das Fleisch. Denn ihre Hauptaufgabe ist, die Bergweiden in Ariant in Schuss zu halten.

Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit, in der sie mit Leckerbissen wie etwa Brot verwöhnt wurden, bewegten die Kühe sich frei auf den Weiden, lernten die fünf Artgenossen samt Kälbern kennen, die bereits auf Ariant lebten, gesellten sich zu ihnen und machten sich gemeinsam an die Arbeit.

Landschaftspflege und Verhingerung von Bränden

Denn die einheimischen Tiere passen sich bestens der Vegetation der Serra de Tramuntana an. Vorausgesetzt, sie bekommen genügend Wasser. Das kann ihnen das Tal bieten. „Es gab hier schon immer aus Stein gehauene Tränken in der Nähe der Quellen“, berichtet Tewes.

Im Gegensatz zu den Schafen vertragen die riesigen Rindermägen das harte, trockene Dissgras, das in den trockenen Sommermonaten auf den Bergwiesen wie Brandbeschleuniger wirken kann. So helfen die Kühe beim Verhindern von Bränden. Gleichzeitig bereiten sie neue Weiden für Schafe vor, die sich danach an den nachwachsenden grünen Dissgrastrieben satt fressen können. Zudem bringen sie mit ihrem Dung Nährstoffe in die Böden, was das Austreiben von Pflanzen begünstigt und die Artenvielfalt fördert.

Die Herde - über 400 Exemplare der Rinderrasse

Auf Ariant leben heute 34 Tiere, die im Zuchtbuch der Vereinigung einheimischer Rinder registriert sind. Die Vereinigung schickt alle zwei Jahre einen neuen Stier. Das verhindert, dass die Bullen ihre Töchter decken. Mittlerweile gibt es insgesamt auf der Insel wieder 400 Exemplare dieser Rinderrasse.

Bei der Geburt sind die Kälber hellbraun, später verfärbt sich das Fell teilweise oder ganz dunkelbraun. „Wir schauen jede Woche nach den Tieren, damit sie uns kennenlernen und handzahm werden“, sagt Tewes. Auch weil menschenscheue Rinder schwieriger zu züchten sind. Deshalb tragen auch alle Tiere einen Namen. Kürzlich ist an den Hängen über der Punt de Sal, die am Ende des Tals am Meer liegt, ein weibliches Kalb geboren worden, es hört seither auf den Namen „Sal“.

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Öko-Fleisch kann jetzt bestellt werden

Die männlichen Kälber können nicht in der Herde bleiben, weil sie sich nicht mit dem Stier vertragen und weil es durch sie zur Inzucht kommen könnte. Deshalb müssen männliche Tiere mit zwei Jahren geschlachtet werden. Das Bio-Fleisch wird drei Wochen in Kühlkammern abgehängt. Der Kauf des Bio-Fleisches unterstützt die einheimische Rasse sowie die Arbeit auf Ariant. In diesen Tagen können Pakete mit fünf Kilogramm Rumpsteak, Estofado, Hackfleisch oder Entrecôte bestellt werden (20 Euro pro Kilogramm). Bestellungen: bei Evelyn Tewes (Tel.: 608-32 30 06) auf Deutsch oder bei Martí Mascaró (653-77 65 02) auf Spanisch, per E-Mail: infoprocustodia.org