Kosten, Ernährung und Einschläfern: Womit Halter von alten Hunden und Katzen auf Mallorca rechnen müssen

Ein Tierarzt, eine Tierschützerin und eine Hundehalterin berichten von ihren Erfahrungen und geben Tipps

Hat in seinem Bollerwagen zuletzt viele Blicke auf sich gezogen: Thor.  | FOTO: NAGYIVAN

Hat in seinem Bollerwagen zuletzt viele Blicke auf sich gezogen: Thor. | FOTO: NAGYIVAN / Simone Werner

Simone Werner

Simone Werner

Es war ein schleichender Prozess, der sich über mehrere Jahre zog: Bei Wanderungen fiel Claudia Nagyivan zunächst auf, dass ihr Thor immer wieder schlappmachte. Dabei waren der Golden Retriever und sie Jahre lang gemeinsam in Mallorcas Bergen unterwegs gewesen. Auch die Treppe in den ersten Stock ihrer Wohnung in Alaró musste die Hochzeits-Rednerin und Fotografin ihr mittlerweile 15 Jahre altes Haustier irgendwann hochtragen – bei einem Gewicht von über 25 Kilogramm keine kleine Herausforderung. Irgendwann sprang Thor auch nicht mehr wie sonst auf seinen Lieblingsplatz auf dem Sofa.

Am Strand nicht mehr auf die Beine gekommen

Immer mehr Alterserscheinungen wie Gelenksentzündungen und Infektionen plagten ihn, weswegen er auch immer wieder Antibiotika bekam. Statt wieder fit zu werden, baute er weiter ab. Wenige Monate später konnte Thor am Strand von Son Serra de Marina nicht einmal mehr allein aufstehen, weswegen vier Besucherinnen Nagyivan zu Hilfe eilten. Und egal was sie ihm auch zu fressen anbot: Er rührte an den meisten Tagen kaum etwas an.

"Thor ist heute gestorben"

Schweren Herzens musste sich die 50-Jährige eingestehen, dass die Tage mit ihrem Wegbegleiter, den sie mit nur sechs Wochen aufgenommen hatte, wohl gezählt sind. Das bestätigten ihr dann auch zwei Tierärzte. „Thor hat kaum noch Muskeln und seit Oktober ein Drittel seines Gewichts verloren. Heute hat er zum ersten Mal in die Wohnung gepinkelt“, sagte die hörbar bewegte Hundehalterin im Telefoninterview am Donnerstag (25.1.) noch. Am Montag (29.1.) dann die Nachricht: „Thor ist heute gestorben.“

Waren viele Jahre lang Seite an Seite: Thor und Claudia Nagyivan.

Waren viele Jahre lang Seite an Seite: Thor und Claudia Nagyivan. / Laura Caldés

Keine Vorbereitung aufs Alter

„Übers Welpen-Alter gibt es Hunderte von Büchern und Ratschläge. Niemand aber bereitet einen darauf vor, wie hart, zeit- und kostenintensiv die Pflege eines alten Hundes ist“, sagt Nagyivan. Die vergangenen Jahre mit Thor hätten ihr Leben stark entschleunigt. „Ich kenne mittlerweile jede Oma und jeden Opa in meinem Viertel, und plötzlich sieht man auch die Oma mit dem Rollator mit anderen Augen“, sagt Nagyivan, die ihren Thor seit einigen Monaten nur noch in einem Bollerwagen draußen herumfuhr, scherzhaft. So konnte er ein letztes Mal Sonnenstrahlen, soziale Kontakt oder den Vollmond genießen.

Die Vollmond-Nacht im Januar 2024 war für Thor die letzte.

Die Vollmond-Nacht im Januar 2024 war für Thor die letzte. / Nagyivan

Mehrere Hundert Euro pro Monat

Als Selbstständige, die viel Zeit zu Hause verbringen und ihr Haustier dort umsorgen kann, fühlte sich Nagyivan privilegiert. Ebenso, da sie die erhöhten Kosten für Tierarzt und Medikamente irgendwie aufbringen konnte. „Wenn ich überschlage, was ich in der letzten Zeit ausgegeben habe, wird mir schwindelig. Pro Monat kommen da leicht mehrere Hundert Euro zusammen. Ich kann mir vorstellen, dass einige Familien Probleme haben, diese Kosten zu stemmen“, sagt Nagyivan, die trotz allem niemals daran gedacht habe, Thor in ein Tierheim abzugeben.

Dass viele Hunde- und Katzenhalter sich aus finanziellen Gründen dazu gezwungen fühlen könnten, mutmaßt auch Tierschützerin Maxi Lange von SOS Animal. „Keiner wird direkt sagen: Ich gebe mein Tier ab, da ich es mir nicht leisten kann.“

Zukünftige Halter wollen eher jüngere Tiere

Ist das alte und gebrechliche Haustier erst einmal im Tierheim, tun sich mehrere Probleme auf: Da ältere Tiere eine individuell an sie angepasste Pflege brauchen und aufgrund ihrer Beschwerden oft sensibler sind, halten sie es weniger gut in Tierheimen aus als jüngere. Weil die älteren Tiere oft ihren eigenen Kopf haben und Interessenten generell eher jüngere Tiere suchen, seien die Senioren unter den Vierbeinern zudem deutlich schwieriger zu vermitteln, sagt die Biologin. Ältere Menschen sollten besser einen Hund oder eine Katze in fortgeschrittenem Alter aufnehmen, findet sie. Oft dächten künftige Hunde- oder Katzenhalter vor allem an sich selbst, aber nicht an das Tier, hat Lange festgestellt.

Selbst Pflegestellen für die in die Jahre gekommenen Vierbeiner seien schwer zu finden. Die Kosten für den Tierarzt, Spezialfutter und die medikamentöse Versorgung der Tiere muss dann SOS Animal stemmen. Dafür versuchen die Mitarbeiter, Patenschaften zu finden.

Die Gesundheit im Mittelpunkt: Gordon Schier

Gordon Schier. / Nele Bendgens

Kosten, Versicherung, Alltag

Ein junger Hund ist nicht unbedingt billiger als ein alter. Sobald aber Erkrankungen auftauchen, wird es teurer“, stellt Tierarzt Gordon Schier klar. Zuletzt seien die Behandlungskosten zudem angestiegen. „Für eine ältere Frau mit einer Rente von 700 Euro ist eine Operation, die 2.500 Euro kostet, schwer zu stemmen“, so der 62-Jährige, der daher vor allem Haltern von in die Jahre gekommenen Tieren mit geringem Einkommen zu einer Versicherung rät. Sie würden mittlerweile viele Behandlungen und Kosten etwa für Impfungen abdecken und schlagen mit 30 bis 100 Euro pro Monat zu Buche.

Zudem rät der Veterinär einmal im Jahr zu prophylaktischen Alters-Checks. So könne man Alterserscheinungen wie Diabetes, Arthrosen, Brust-Tumore, Schilddrüsen-, Nieren- oder Herzprobleme frühzeitig erkennen und behandeln. Die reine Untersuchung koste um die 100 Euro. Wenn etwas gefunden werde, steigen die Kosten, je nach Befund, da dann unter anderem Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen gemacht werden müssen.

Thor in seiner gewohnten Umgebung in Alaró.

Thor in seiner gewohnten Umgebung in Alaró. / Claudia Nagyivan

Je kleiner der Hund, desto älter wird er

Wie alt ein Hund werde, hänge von der Rasse ab. Je kleiner der Hund, desto älter wird er normalerweise. „Eine Dogge ist schon mit sechs Jahren alt, ein Dackel erst mit rund elf Jahren“, so Schier. Auch Katzen würde er mit elf Jahren als „alt“ einstufen.

Je nach Gewicht der Tiere steigen dann auch die Kosten für Medikamente. „Bei einer Dogge, die 80 Kilogramm wiegt, ist die Medikation teurer als bei einem Chihuahua“, so Schier beispielhaft. Vor allem die Arthrose-Spritzen, die man monatsweise geben muss, seien mit bis zu 150 Euro teuer. „Diabetes-Behandlungen kommen Haltern relativ günstig zu stehen, sofern sie in der Lage sind, ihre Tiere selbst zu stechen und die Werte bei ihnen zu messen“, sagt Schier.

Altersangepasste Ernährung

Um die Gelenke von Hunden und Katzen nicht zu überlasten und die Tiere nicht zu überfüttern, sollten Halter zudem auf eine altersangepasste Ernährung achten. Mittlerweile hätten die meisten Supermärkte auch „Seniorenfutter“ mit den nötigen Mineralstoffen und Vitaminen. „Wer selbst kocht, muss sich beraten lassen, welche Zusatzstoffe er beimischen muss“, mahnt Schier.

In Sachen Bewegung sollten Halter von in die Jahre gekommenen Hunden ihre Tiere nicht überstrapazieren. „Schwimmen oder leichtes Laufen ist ideal. Wenn sich der Hund im Sand am Strand mit einem jungen Hund auspowert, ist das aber Gift für seine Gelenke“, mahnt Schier. Auch beim Fahrradfahren dürften die Vierbeiner niemals ins Galoppieren kommen. Katzen beschäftigen sich meist selbst. Mit dem richtigen Spielzeug könne man Bewegung aber fördern.

Thor konnte schon Wochen vor seinem Tod kaum mehr selbst laufen.

Thor konnte schon Wochen vor seinem Tod kaum mehr selbst laufen. / Claudia Nagyivan

Wann einschläfern lassen?

Wenn ein Tier nur noch leidet und keine Behandlung zum Erfolg führt, sollten Halter in Absprache mit dem Tierarzt in Erwägung ziehen, es einschläfern zu lassen. „Wir Herrchen wissen innerlich, wann der Moment gekommen ist, wollen es aber oft nicht wahrhaben“, weiß Lange aus eigener Erfahrung. Schier hingegen hat oft erlebt, dass manche Halter zu früh „aufgeben“. Nicht selten müsse er sie bitten, den Medikamenten, der Behandlung und ihm noch etwas mehr Zeit zu geben.

Für das Einschläfern zahlen Kunden je nach Körpergröße und Gewicht des Tieres bei Gordon Schier 30 bis 100 Euro. Er rät Haltern davon ab, dabei zu sein. „Sonst bekommt das Tier bei einer Verabschiedungs-Szene oder dem Anblick seines aufgelösten Herrchens nur noch mehr Angst“, so Schier, der jedem Tier zum Abschied noch ein Leckerchen gibt.

Hilfe für Tiere und Halter:

Gordon Schier, Carrer de la Verge Maria, 32, Colònia de Sant Pere, FB: Dr. Gordon

Schier Tierarztpraxis / Clinica Veterinaria, Tel.: 971-58 93 25, Termin nur nach Vereinbarung

sos-animal-mallorca.org, FB: SOS Animal Mallorca

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