Wasser-Mix - so sehr (oder so wenig) ist Mallorca auf Entsalzungsanlagen angewiesen

Selbst in extrem heißen Sommern wie diesem kann Mallorca die Versorgung mit Trinkwasser garantieren – zur Not ist da ja noch das Meer. Darauf ausruhen sollte sich die Insel aber besser nicht

Blick vom Sa Rateta auf den Cúber, dahinter der Gorg Blau, am 22. Juli. Die Stauseen liefern acht Prozent von Mallorcas Wasserbedarf.

Blick vom Sa Rateta auf den Cúber, dahinter der Gorg Blau, am 22. Juli. Die Stauseen liefern acht Prozent von Mallorcas Wasserbedarf. / Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Woher auf den Balearen das Wasser aus dem Hahn kommt, ist nicht viel leichter zu beantworten als die Frage nach dem Strom aus der Steckdose. Denn je nach Insel und Gemeinde werden unterschiedliche Ressourcen und Versorgungsleitungen genutzt. Das betrifft besonders die Entsalzungsanlagen. So kommt es, dass auf Mallorca im Jahresschnitt nur ein Prozent des Trinkwassers aus den desaladoras stammt, auf Formentera der Anteil aber bei 100 Prozent liegt. Menorca mit zehn und Ibiza mit 60 Prozent liegen zwischen den Extremen, wie es auf Anfrage im neuen Landesministerium für Meer und Wasserwirtschaft heißt.

Die Entsalzungsanlagen, von denen es insgesamt sieben auf den Balearen gibt, sind ein zweischneidiges Schwert. Einerseits helfen sie, natürliche Ressourcen zu schonen, gerade im Sommer, wenn besonders viele Urlauber besonders viel Wasser brauchen, es aber wochenlang nicht regnet. Andererseits haben die Umkehrosmose-Anlagen einen hohen Stromverbrauch, hohe Kosten, und sie leiten Wasser mit hoher Salzkonzentration zurück ins Meer – eine Gefahr für die Unterwasserflora, speziell für das so wichtige Poseidongras, warnen Umweltschützer.

Trockenheit allerorten

Angesichts der Hitze und Trockenheit, die sich derzeit von Südportugal bis zum Baltikum ziehen, gewinnen die Entsalzungsanlagen zusätzlich an Bedeutung. Große Teile Europas haben einen schnee- und regenarmen Winter hinter sich. Darüber hinaus hat sich der Kontinent in den vergangenen fünf Jahren laut den Daten der Copernicus-Umweltsatelliten doppelt so schnell aufgeheizt wie die anderen Kontinente.

Auch Mallorca stöhnt unter der Hitze, um die Wasserressourcen steht es aber derzeit deutlich besser als etwa in Andalusien oder Katalonien. Die Grundwasser-Pegelstände betragen laut der neuesten Statistik des balearischen Wasserwirtschaftsamts Abaqua 59 Prozent. Das sind sechs Prozentpunkte mehr als zum gleichen Zeitpunkt 2022. Auf Mallorca sanken die Werte im Juni im Vergleich zum Vormonat von 59 auf 58 Prozent, auf Formentera von 40 auf 29 Prozent, auf Menorca stiegen sie hingegen von 56 auf 57 Prozent und auf Ibiza von 43 auf 46 Prozent.

So kommt es, dass die drei Entsalzungsanlagen auf Mallorca, die ganzjährig laufen, aber selten ausgelastet sind, derzeit 30 Prozent weniger produzieren als im Sommer 2022. Die größte Anlage in der Bucht von Palma war im Juni zu 40 Prozent ausgelastet, die in Alcúdia zu 16 Prozent, die in Camp de Mar zu 70 Prozent. In den nächsten Wochen sollen die desaladoras auf Mallorca noch einmal um 20 Prozent hochgefahren werden. Theoretisch könnten sie täglich gut 90.000 Kubikmeter produzieren.

Die Entsalzungsanlage bei Camp de Mar war im Juni zu 70 Prozent ausgelastet.  | F.: BENDGENS

Die Entsalzungsanlage bei Camp de Mar war im Juni zu 70 Prozent ausgelastet. | F.: BENDGENS / Frank Feldmeier

Eine Lektion für Mallorca

Wenn die Anlagen im Sommer nicht am Anschlag laufen, liegt das auch an der langfristigen Planung. Der vergangene Winter fiel trocken es, es sei deswegen vorsorglich mehr entsalzt worden. Mallorca hat seine Lektion in Sachen Wasserknappheit bereits in den 90er-Jahren gelernt. Von 1995 bis 1997 wurden in der „Operación Barco“ 17 Millionen Kubikmeter – 17 Milliarden Liter – auf die Insel geschifft. Die Landesregierung forcierte daraufhin den Bau von Entsalzungsanlagen und erschloss die Sa-Costera-Quelle an der Nordküste, die bis dato ungenutzt ins Meer floss.

Als noch wichtiger gilt, Wasserverschwendung zu verhindern – nach wie vor mehr gehe als 20 Prozent durch Lecks verloren – sowie verantwortlicher mit der Ressource Wasser umzugehen. Die Wasserwirtschaft war denn auch in der Vergangenheit ein Schwerpunkt bei der Nutzung der Einnahmen aus der Touristensteuer. Nach der letzten großen Trockenheit im Sommer 2016 wurde zudem ein System der Warnstufen eingeführt. Derzeit gilt eine Vorwarnstufe für drei Regionen auf den Balearen: Ibiza sowie auf Mallorca der Süden der Insel (Migjorn) und die Inselmitte (Es Pla).

Der Wasser-Mix auf Mallorca

Sichtbarste Gradmesser für die Ressource sind die Stauseen Cúber und Gorg Blau in der Serra de Tramuntana – allerdings steuern sie nur acht Prozent zum Wasser-Mix auf Mallorca bei. Alles steht und fällt mit den Grundwasserdepots und ihrem Anteil von 72 Prozent. Die restlichen 19 Prozent lassen sich nicht eindeutig zuordnen – Abaqua managt zwar die Entsalzung, beliefert aber nur 21 der 67 Balearen-Gemeinden. Ansonsten ist Wasserwirtschaft kommunale Sache.

Auch die neue konservative Landesregierung hat das Thema zur Priorität erklärt. Allerdings ist die Stelle des Abaqua-Leiters im eigens geschaffenen Wasserministerium derzeit noch unbesetzt, wie eine Sprecherin bestätigt. Man gehe davon aus, dass man in Kürze einen Namen bekannt geben könne.

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