Der Streit um die Kreuzfahrtschiffe in Palma de Mallorca geht in eine neue Runde

Trotz der neuen Regulierungen schießt eine Bürgerbewegung mit einer neuen Kampagne weiter gegen die großen Pötte

Die "Mein Schiff 2" gemeinsam mit ihrem Schwesterschiff "3" 2012 im Hafen von Palma.

Die "Mein Schiff 2" gemeinsam mit ihrem Schwesterschiff "3" 2012 im Hafen von Palma. / Tui Cruises

Sophie Mono

Sophie Mono

Mehr als 300 Meter ragt das aufs Heck gestellte Schiff wie ein futuristischer Turm aufrecht in den Himmel. Palmas Kathedrale wirkt mit ihrer Höhe von 44 Metern daneben klein, unbedeutend – und auch ein wenig bedroht. Ja, es ist nur eine Fotomontage, doch sie hat Aussagekraft. Sie zeigt, dass der seit Jahren andauernde Streit um den Kreuzfahrttourismus in Palma weitergeht.

Es ist die Bürgerplattform „No Megacreuers“ (Nein zu den Megakreuzfahrtschiffen“), die den bildlichen Vergleich zieht, und zuschauerwirksam verbreitet. Die Aktivisten finden noch immer: Die Menschenmassen, die mit den schwimmenden Pötten in Palma ankommen, sind zu groß für die Stadt. Deshalb hat die Vereinigung jetzt eine neue Kampagne gegen Kreuzfahrttourismus gestartet. Dabei hatte es die Landesregierung vergangenes Jahr endlich geschafft, die Anzahl der Meeresriesen in Palmas Hafen zu deckeln.

Fotomontage der Bürgerplattform "No Megacreus"

Fotomontage der Bürgerplattform "No Megacreus" / Plataforma No Megacreus

Maximal ein Megakreuzfahrtschiff pro Tag

Höchstens drei Kreuzfahrtschiffe – also Passagierschiffe mit mehr als 500 Reisenden – dürfen in den kommenden fünf Jahren gleichzeitig pro Tag in Palma anlegen. Maximal eins davon darf täglich ein Megakreuzfahrtschiff sein, sprich: Platz für mehr als 5.000 Passagiere aufweisen. So sieht es die Einigung vor, die die balearische Landesregierung im vergangenen Dezember mit dem Verband der Kreuzfahrtunternehmen (CLIA) bei einem Treffen in Hamburg beschlossen hat.

Zum Vergleich: Vor der Pandemie lagen teilweise bis zu fünf große Pötte gleichzeitig in Palma vor Anker. Eine notwendige Regulierung, mit der obendrein ein zentrales Wahlversprechen eingehalten wurde, lobt sich die Landesregierung selbst. Ein Schritt in die richtige Richtung, aber nicht ambitioniert genug, finden dagegen die Aktivisten der Bürgerplattform. Wenn es nach ihnen geht, sollte täglich maximal ein Kreuzfahrtschiff in Palma auflaufen dürfen. „Alles andere sprengt die Infrastruktur der Innenstadt und ist ökologisch nicht vertretbar“, so Joan Forteza, Sprecher der Bewegung.

Starke ökologische, gesundheitliche, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen

„Fora d‘Escala“ (etwa:überbordend) heißt die Kampagne der Bürgerplattform, die trotz der neuen Regulierung weiter gegen den Kreuzfahrtschiffverkehr schießt. Nicht nur mit Fotomontagen, sondern auch mit Demonstrationen, Spendenaufrufen und Stimmenfang im Internet. Und mit zwölf neuen Sensoren, die im Mai im Hafen installiert werden und die Luftqualität in der Stadt messen sollen.

Der turismo de cruceros habe „starke ökologische, gesundheitliche, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen“, wird Joan Forteza nicht müde zu betonen. Seine Befürchtung: Auch nach der neuen Regulierung könnten immer noch mehr als 17.000 Kreuzfahrtpassagiere an einem Tag in Palma auflaufen. „Dabei bringt schon ein einziges Megakreuzfahrtschiff Palma an den Rand des Kollapses.“

18 Ausnahmetage musste die Landesregierung den Unternehmen zugestehen

17.000 Passagiere – dass es wirklich so viele auf einmal sind, wird allerdings nicht mehr oft vorkommen. Maximal an 18 Tagen in diesem Jahr, verteilt auf die Monate April bis Oktober. Erst am vergangenen Sonntag (24.4.) war es so weit, und auch der kommende Samstag (30.4.) gilt als einer der Ausnahmetage, die die Landesregierung bei den Verhandlungen den Kreuzfahrtunternehmen eingestehen musste, weil diese ihre Touren für 2022 bereits geplant und verkauft hatten.

An diesen Ausnahmetagen dürfen bis zu vier Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig in Palmas Hafen anlegen. „Ab 2023 wird es solche Tage aber nicht mehr geben“, beschwichtigte der balearische Tourismusminister Iago Negueruela am Freitag (22.4.) bei einem Treffen mit Vertretern der Bürgerplattform und betonte, dass Palma der erste Hafen Spaniens sei, in dem eine Höchstgrenze von Kreuzfahrtschiffen eingeführt worden ist. Auch europaweit bildet die Inselhauptstadt – abgesehen von der kroatischen Stadt Dubrovnik – eine Ausnahme.

"Uns wird die Tür verschlossen"

Dass die Landesregierung in der erbitterten Kreuzfahrtdiskussion wie seit Jahren auch weiter zwischen den Fronten steht, ist wenig verwunderlich. Nicht nur von den Aktivisten der Bürgerplattform kommt Kritik. Auf der anderen Seite murren auch Vertreter der Schifffahrtsbranche. Im Jahr 2023 würden zahlreiche Kreuzfahrtlinien weniger Zwischenstopps in Palma einlegen können, so Enrique Oliver vom Branchenverband (Apeam). „Uns wird die Tür verschlossen“, lamentiert er.

Dabei weist alles darauf hin, dass zumindest im Jahr 2022 sogar noch mehr Kreuzfahrtschiffe in Palma ein- und auslaufen werden als im Rekordjahr 2019 – auch, weil einige Linien ihre Touren aufgrund des Ukraine-Kriegs umleiten und vom östlichen ins westliche Mittelmeer verlegen. Gleichzeitig wird Palma zum Basishafen für viele große Kreuzfahrtketten, darunter TUI Cruises und Aida Cruises. Genug Zündstoff also für weitere Kritik.