Prozess gegen Cursach-Ermittler auf Mallorca: Darf die WhatsApp-Gruppe als Beweis gewertet werden?

Der Prozess gegen Ermittlungsrichter Penalva, Staatsanwalt Subirán und vier Polizeibeamte geht weiter. Die Verteidigung verlangt direkt Freispruch, der Staatsanwalt widerspricht vehement

Der ehemalige Richter Manuel Penalva (re.) und der ehemalige Staatsanwalt Miguel Ángel Subirán.

Der ehemalige Richter Manuel Penalva (re.) und der ehemalige Staatsanwalt Miguel Ángel Subirán. / B. RAMON

Marcos Ollés

Beim Prozess gegen den ehemaligen Ermittlungsrichter Manuel Penalva, den früheren Staatsanwalt Miguel Ángel Subirán und vier Polizeibeamte hat der Staatsanwalt am zweiten Verhandlungstag vehement um seinen Hauptbeweis gekämpft: Nachrichten in einer privaten WhatsApp-Gruppe. Richter, Staatsanwalt und und Polizisten hatten sich darin über die Ermittlungen gegen den Nachtleben-Magnaten Bartolomé Cursach ausgetauscht.

Der Megapark-Besitzer war damals beschuldigt worden, ein Geflecht aus unternehmerischer, politischer und polizeilicher Korruption gesponnen zu haben. Die rabiaten Methoden der Ermittler, ihm das nachzuweisen, hatten letztlich keinen Erfolg: 2022 zog die Staatsanwaltschaft noch vor Prozessbeginn einen Großteil der Anklage zurück, das Gericht sprach Cursach frei.

Die Ermittler sollen unrechtmäßige Festnahmen angeordnet haben

Seit Montag (5.6.) sitzen die Ermittler nun selbst auf der Anklagebank. Gleich am ersten Tag der Verhandlungen hat die Verteidigung Freispruch für sie gefordert. Die Anklage basiere auf Beweismitteln, die für nichtig erklärt werden müssen, weil sie illegal erhalten wurden, so die Anwälte. Den Angeklagten werden Straftaten wie Geheimnisverrat, unrechtmäßige Festnahme, Behinderung der Justiz und Verleitung zu Falschaussagen zur Last gelegt. Sie müssen sich vor dem Obersten Gerichtshof der Balearen (TSJB) verantworten. Es geht dabei um Haftforderungen von zusammengerechnet 576 Jahren. An den ersten Tagen drehte sich alles um das Thema illegale Spionage.

Das Hauptargument von Javier Barinaga, dem Anwalt von Penalva und Subirán: Die in einer WhatsApp-Gruppe der Ermittler getätigten Aussagen seien vor Gericht nicht verwertbar. Auf die Existenz dieser Gruppe seien die Ermittler erst über das Ausspionieren und die Beschlagnahmung der Handys zweier Journalisten gestoßen, die über Details der unter Untersuchungsgeheimnis stehenden Ermittlungen berichtet hatten. Der Oberste Gerichtshof der Balearen hatte die Beschlagnahmung später für illegal erklärt, weil sie gegen den in der Pressefreiheit garantierten Informantenschutz verstieß.

Verdacht von Anfang an

Als Konsequenz dieser illegalen Spionage, argumentierte Barinaga, habe die Polizei die Handys von zwei der angeklagten Polizeibeamten beschlagnahmt. Bei der Durchsuchung dieser Mobiltelefone fanden die Ermittler wiederum die WhatsApp-Gruppe. „Die gesamte Ermittlung der Polizei ging aus den Erkenntnissen der illegalen Spionage hervor“, sagte Barinaga. Aus Sicht der Verteidigung ist daher auch die Beschlagnahmung der Polizei-Handys illegal.

Staatsanwalt Tomás Herranz konterte am Mittwoch (7.6.). Keine der Anklagen basiere auf der Spionage der Journalisten. „Von Anfang an bestand der Verdacht, dass die Informationen von Polizisten weitergegeben wurden“, sagte Herranz. Das hätten mehrere Zeugen bestätigt. Einer der angeklagten Polizisten sei bereits vor der Beschlagnahmung der Journalisten-Handys vernommen worden und habe dabei freiwillig sein eigenes Handy zur Verfügung gestellt. „Der Fund der WhatsApp-Gruppe war also auch ohne die Informationen der Journalisten unvermeidlich.“

Verteidigung: Festnahme illegal

Auf die Frage, unter welchen Umständen der Polizist sein Handy abgegeben hatte, war auch Rechtsanwalt Javier Barinaga am Montagmorgen eingegangen. Der Polizist sei von seinen eigenen Vorgesetzten vernommen worden – ohne Anwesenheit eines Anwalts. Die Vorgesetzten hätten ihm gesagt: „Entweder du gibst uns dein Handy oder du kommst in die Zelle und wir besprechen das mit dem Staatsanwalt.“ Laut Barinaga sei das Handy nur unter Druck und damit nicht freiwillig abgegeben worden.

Auch formell sieht der Anwalt in der Beschlagnahmung der Handys Fehler. „Wenn es zu Ermittlungen innerhalb der Nationalpolizei kommt, können das nicht einfach die Vorgesetzten machen. Der Fall muss an die Abteilung für Innere Angelegenheiten gehen“, fügte Barinaga hinzu.

Der Prozess gegen den ehemaligen Richter Manuel Penalva, den ehemaligen Staatsanwalt Miguel Ángel Subirán und vier Polizeibeamten ist gestartet.

Prozess gegen den ehemaligen Richter Manuel Penalva, den ehemaligen Staatsanwalt Miguel Ángel Subirán und vier Polizeibeamte. / DM

Dem widersprach der Staatsanwalt. „Die Ermittlung ging nicht von der Polizei aus, sondern wurde von einem Ermittlungsgericht angeordnet“, sagte er. Daher sei es kein Problem, dass der Polizist von seinen Vorgesetzten vernommen wurde. Sowohl die Festnahme als auch die Beschlagnahmung des Mobiltelefons seien legal gewesen. Somit sei auch die Entdeckung der WhatsApp-Gruppe legitimiert. „Der Polizist war sich sicher, dass er das Telefon ohne Probleme abgeben konnte, weil er die illegalen Nachrichten gelöscht hatte“, sagte er. Techniker der Polizei hätten die gelöschten Nachrichten aber wiederherstellen können.

Das Gericht wird nun entscheiden, ob die Nachrichten aus der WhatsApp-Gruppe als Beweismittel zulässig sind. Sollte dem nicht so sein, könnten die Angeklagten schon vor Beginn der mündlichen Verhandlungen freigesprochen werden. Ansonsten startet am 22. Juni der eigentliche Prozess, zu dem 151 Zeugen geladen sind. Die Verhandlungstage sind bis Ende September eingeplant.

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