Es wird gebaut wie verrückt auf Mallorca. Von Krise kann keine Rede sein, das hört man von Baufirmen, Architekten, Immobilienunternehmen und auch aus den Rathäusern, die die Lizenzen ausstellen. Während die Bautätigkeit im Inselinneren etwas geringer ausfällt, passiert an den Küsten oder in küstennahen Gebieten dafür umso mehr. Die MZ hat bei Vertretern der Branche nachgefragt, wo auf der Insel derzeit am meisten gebaut wird.

„Ganz klar ist Palma ein Hotspot bei den Neubauten“, sagt Tolo Mayol, Sprecher der Bauträger-Vereinigung Proinba. Hier sind es angesichts der Preise und des geringen verfügbaren Platzes in den innenstadtnahen Lagen vor allem Mehrfamilienhäuser. Große Neubautätigkeiten gibt es derzeit vor allem im aufstrebenden Viertel Nou Llevant.

Aber auch nördlich der Innenstadt, so etwa in Son Ferragut, ragen derzeit Kräne in die Höhe. Hier werden kleinere und größere Wohnungen für den einheimischen Markt gebaut. In den westlichen Stadtteilen wie etwa Cala Major oder Sant Agustí sind es vor allem Renovierungen in großen Mehrfamilienhäusern, die für Baulärm sorgen.

Viel zu wenige und zu teure Wohnungen in Palma

Nach Einschätzung der Baufirmen müsste es gar noch viel mehr Projekte geben. Derzeit würden rund 400 Wohnungen im Jahr in Palma neu gebaut, nötig seien aber 2.000. So stark wachse die Insel und vor allem auch Palma. Erschwerend komme hinzu, dass derzeit kaum weitere Flächen für Neubauprojekte ausgewiesen würden. Ohnehin ist auf Mallorca ein großer Teil der Fläche inzwischen geschützt und Bauen nicht möglich.

Und dann ist da noch das Problem mit den Preisen: Sie sind für viele Einheimische kaum zu schultern. „Es gibt in Palma zurzeit keine Neubauwohnung unter 280.000 Euro“, sagt Mayol. So klein sie auch sei. Wer es sich leisten kann, also vor allem vermögende Ausländer, lässt sich laut Mayol ein schniekes Einfamilienhaus oder gleich eine Villa in den außerhalb gelegenen Stadtteilen Gènova, an der Playa de Palma oder direkt in Son Vida hinstellen.

Finanzkräftige Ausländer geben den Ton an

Außerhalb von Palma ist laut Mayol am meisten los in den Gemeinden Calvià, Santanyí, Felanitx und Andratx. Und in fast allen Fällen seien es vor allem finanzkräftige Ausländer, die derzeit das Geschäft am Laufen hielten. Das bestätigt auch Immobilienunternehmer Lutz Minkner. Noch nie in 30 Jahren Mallorca habe er so viel verkauft wie zurzeit. „Alle Luxuslagen boomen gerade“, sagt Minkner. Der Wunsch der ausländischen Bevölkerung, auf Mallorca Immobilien zu kaufen, sei so groß, dass Tolo Mayol, der hauptberuflich als Anwalt arbeitet, in seiner verhältnismäßig kleinen Kanzlei allein im August fünf Kaufverträge abgeschlossen hat, wie er sagt. Das habe er in einem Monat noch nie erlebt.

Nach wie vor hat der Südwesten der Insel auf die kaufkräftigen Ausländer die größte Anziehungskraft. So sehr, dass schon gar nicht mehr so viel Platz ist. „Es gibt im Südwesten derzeit so gut wie keine Neubauprojekte mehr im Mehrfamilienbereich“, sagt Hans Lenz von Engel & Völkers, der für diese Region zuständig ist. Ein Mangel an Aktivität herrsche nicht, gebaut würden aber ausschließlich Einfamilienhäuser oder gleich Luxusvillen. So wie etwa in Bendinat oder auch in Port d’Andratx.

Auch Alexander Beulich, Managing Director der Domus Vivendi Group, bestätigt: „Der Trend geht zu Häusern mit mehr Platz, und selbst die kleinen Wohnanlagen, die wir gerade in Cas Català bauen, bestehen aus sehr geräumigen Wohnungen zwischen 180 und 250 Quadratmetern.

Südosten profitiert von Schnellstraße

Luis de León, Präsident der Vereinigung der Bauleiter auf Mallorca, sieht Ausländer derzeit ganz vorn bei der Bautätigkeit dabei. „Speziell in den hochpreisigen Lagen von Santa Ponça stelle ich sehr viel Bewegung fest.“ Insgesamt sei vor allem die Küste gefragt. „Das zieht sich quer über die ganze Insel. Der Südwesten ist natürlich ein Schwerpunkt, aber genauso wird zurzeit in Capdepera, in Cala d’Or, in Portocolom oder in anderen Orten am Meer gebaut“, sagt Luis de León. Das berichtet auch Tolo Mayol. „Speziell im Südosten rund um Felanitx und Santanyí gibt es momentan viele Baustellen.“ Dort entstünden derzeit ausschließlich Einfamilienhäuser und Fincas.

Die neue Atttraktivität dieser Ecke ist kein Zufall. Zum einen gibt es dort große Grundstücke, die sich für luxuriöse Finca-Neubauten eignen. Zum anderen ist im vergangenen Jahr die Schnellstraße von Llucmajor nach Campos fertiggestellt worden, die die Fahrtzeit von Palma in den zuvor etwas abgelegenen Teil der Insel doch um einige Minuten verringert hat. So bestätigt ein Mitarbeiter der Abteilung für Raumplanung im Rathaus von Felanitx der MZ eine hohe Nachfrage an Baulizenzen, gerade im ländlichen Raum. „Wir haben seit Beginn von Corona rund 300 Bauanträge im Jahr. Das ist vor dem Hintergrund der Krise, in der wir uns ja befinden, unfassbar viel.“ Auch in Felanitx gehe es fast ausschließlich um den Bau von Einfamilienhäusern.

Sehr viele Einfamilienhäuser

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Und ein ähnliches Bild bietet sich im benachbarten Campos. Auch dort bestätigt eine Mitarbeiterin im Rathaus: „Es werden gerade sehr viele Einfamilienhäuser geplant.“ Speziell im Bereich des Küstenortes Sa Ràpita tue sich viel. Aber auch rund um Campos selbst würden derzeit viele Neubau-Fincas errichtet.

Vielleicht gerade noch rechtzeitig. Denn hinter vorgehaltener Hand spricht man in der Branche bereits von einem möglichen zweijährigen Moratorium für die Annahme neuer Bauanträge im ländlichen Raum. Käme es so, könnte das den Preisen wohl einen weiteren Schub verleihen.