Entfesseltes Talent: Beim dritten Festival Paco de Lucía auf Mallorca ist alles drin, was das Herz eines Flamenco-Liebhabers begehrt

Zwei erstklassige Shows mit Gesang und Tanz, ein Abend mit einem lokalen Nachwuchsstar und das Comeback einer Legende sind im März in Palma geboten

Der Tänzer Jesús Carmona präsentiert seine Show "Baile de Bestias"

Der Tänzer Jesús Carmona präsentiert seine Show "Baile de Bestias" / Vallinas

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Festivalleiterin Soledad Bescós wäre sicherlich auch eine gute Hochzeitsplanerin. Statt auf die Formel „Etwas Altes, etwas Neues, etwas Geliehenes und etwas Blaues“ setzt sie beim Programm der dritten Ausgabe des Festival Paco de Lucía im März treffsicher auf ein Konzept, das man mit „Etwas Traditionelles, etwas Junges, etwas Entspanntes und etwas Entfesseltes“ beschreiben könnte. Die Vielseitigkeit der Events zeugt einmal mehr vom Facettenreichtum des zeitgenössischen Flamenco und hat für jeden Geschmack etwas zu bieten.

Klassische aficionados wird direkt das Eröffnungskonzert am 8. März im Teatre Principal glücklich machen – die Karten sind bereits rar. Denn kein Geringerer als der renommierte cantaor Miguel Poveda gibt sich die Ehre. „Er ist aktuell einer der vollkommensten Flamenco-Künstler. Man muss weinen, wenn er singt, weil es direkt aus dem Herzen kommt“, sagt Soledad Bescós im Gespräch mit der MZ. Der Flamenco-Sänger, der in Palma traditionelle cantes präsentieren wird, habe stets eine besondere Verbindung zur Familie von Paco de Lucía gehabt. Außerdem hatten beide Musiker 2012 gemeinsam ein Stück mit dem Titel „Serafino“ für Povedas 2012 erschienenes Album „ArteSano“ aufgenommen.

Der Flamenco-Sänger Miguel Poveda.

Der Flamenco-Sänger Miguel Poveda. / Palacio de Festivales / Europa Press

Für eine Hommage an die Gitarristen-Legende, wie sie an diesem Abend auf der Bühne dargeboten wird, ist der Sänger also genau der Richtige. Ebenso einige seiner Musiker, die ihn beim Konzert unterstützen: Der Percussionist Paquito González und der für rhythmisches Klatschen (palmas) zuständige Carlos Grilo hatten Paco de Lucía auf dem preisgekrönten Album „La canción andaluza“ begleitet – seinem letzten Studioalbum, das er auf Mallorca komponierte und aufnahm.

Stipendium für den 16-jährigen Flamenco-Pianisten Antón Cortés

Miguel Poveda hat im Rahmen der Gala noch eine ehrenvolle Aufgabe: Er soll dem erst 16-jährigen Flamenco-Pianisten Antón Cortés die mit 3.000 Euro dotierte Förderung für junge Talente übergeben, die in diesem Jahr zum ersten Mal verliehen wird. „Er ist bereits einer der besten der Welt und dazu noch Mallorquiner. Wir wollen ihn seitens des Festivals würdigen und unterstützen, weil er etwas ganz Besonderes ist“, sagt Bescós.

Die Summe des Stipendiums kann das den Kinderschuhen langsam entwachsene „Wunderkind“ zu seinen 25.000 Euro Preisgeld aus der TV-Show „Got Talent“ addieren: Der Autodidakt gewann das Format am 6. Januar. Für seine Fans auf Mallorca gibt der virtuose Pianist im Rahmen des Festivals am 9. März ein kostenloses Konzert im Teatre Municipal Xesc Forteza. „Er wird dabei auch Lieder von Paco de Lucía spielen, die er für das Klavier adaptiert hat. Das wird wunderschön.“

Der junge Flamenco-Pianist Antón Cortés.

Der junge Flamenco-Pianist Antón Cortés. / Veranstalter

Furiose Show „Baile de bestias“

In Sachen Tanz, der mit Gesang, Instrumentalspiel und Rhythmus die Kunst des Flamenco ausmacht, steht in diesem Jahr ein besonderes Highlight auf dem Programm: Jesús Carmona zeigt am 13. März seine mit den Premios Max 2022 ausgezeichnete, furiose Show „Baile de bestias“ in Palma. Carmona, den die „New York Times“ als „Phänomen“ bezeichnet und dem sie ein besonderes Charisma attestiert, kann sich noch mit weiteren Preisen brüsten, unter anderem mit dem Premio Nacional de la Danza 2020. Erst kürzlich wurde er zum Leiter des Ballet Español in Madrid ernannt.

„Jesús Carmona hat eine unbändige Kraft und vermag es, ganz allein eine große Bühne wie die des Auditòrium auszufüllen“, sagt die Festivalleiterin. „Er ist zugleich innovativ und traditionell.“ Wenn Carmona in seinen feuerroten Schuhen über das Parkett fegt, um die inneren Dämonen nicht zum Schweigen, sondern zum Tanzen zu bringen, wird er dabei von dem Multi-Instrumentalisten Manu Masaedo begleitet. „Baile de bestias“ ist eine Fortsetzung des Programms „El salto“ und das Produkt eines tänzerischen Kennenlernprozesses. Es sei eine Suche nach sich selbst und nach einer zeitgemäßen, gesunden Form von Maskulinität, die ihn nicht nur selbst wachsen lasse, sondern auch eine starke Verbindung zum Publikum schaffe, erklärte der Künstler in der Zeitung „La Vanguardia“.

„Flamenco-Chill“-Sound von Chambao

Zum Abschluss hat Bescós noch einen weiteren dicken Fisch an Land gezogen: Die legendäre Flamenco-Electronic-Band Chambao, die zu Beginn der Nullerjahre mit ihrem „Flamenco-Chill“-Sound berühmt wurde. „Ihre Frontfrau La Mari war eine der absoluten Lieblingssängerinnen von Paco de Lucía“, sagt die Festivalleiterin. Nicht nur deshalb sei sie glücklich, dass Chambao am 17. März im Trui Teatre auftreten. Seit acht Jahren hat die Gruppe kein Studioalbum mehr herausgebracht.

La Mari, Frontfrau der Gruppe Chambao.

La Mari, Frontfrau der Gruppe Chambao. / Víctor Chito

Nun feiert sie mit dem im Herbst 2023 auf den Markt gebrachten Album „En la cresta del ahora“ ihr Comeback. „Und hier auf Mallorca präsentieren die Musiker es zum ersten Mal live“, sagt Bescós. Die neuen Songs mit Titeln wie „Florecimiento“ oder „Libre“ zelebrieren das Leben im Moment und sprühen vor Leichtigkeit und Positivität, die gut ins Ohr geht. Eine weitere Verbindung zum Festival Paco de Lucía: Das Stück „Mis flores“ nahm La Mari gemeinsam mit der Künstlerin „La Tremendita“ auf, die bei der ersten Ausgabe zu Gast war.

Für alle, die noch tiefer in das Universum des Flamenco eintauchen möchten, gibt es erneut ein Rahmenprogramm: Jesús Carmona tanzt sich am 12. März bei einer Masterclass im Es Baluard schon einmal für seinen Auftritt warm. Am selben Tag gibt es für Schulklassen Filmvorführungen der Paco-de-Lucía-Doku von Peter Echave. Und der (Flamenco-)Gitarrenbauer Fernando Rubín hält am 17. März einen Vortrag in der Miró-Stiftung. Auch daran hätte Paco de Lucía mit Sicherheit Freude gehabt.

Festival Paco de Lucía im März, Eintritt: ab 10 Euro (M. Poveda), frei (A. Cortés), 35 Euro (J. Carmona), ab 43,50 Euro (Chambao), Karten auf den Webseiten der Veranstaltungsorte, Infos in Kürze unter: festivalpacodeluciamallorca.com.

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