Bei der Nit de l’Art denkt man vor allem an Palma de Mallorca, doch neben dem CCA Andratx im Südwesten gibt es mit der Galeria Maior in Pollença im Norden noch einen wichtigen Fixstern am Kunstnachthimmel. Diesmal zeigt sie eine Ausstellung von Eva Lootz. In „Diario de lenguas“ richtet die 1940 in Wien geborenen Künstlerin ihre Aufmerksamkeit auf vom Aussterben bedrohte präkolumbische Sprachen.

Werk von Eva Lootz in der Galeria Maior Galeria Maior

Präsent ist die Preisträgerin des Premio Nacional de Artes Visuales aber auch bei einem zweiten Projekt: Im neu eröffneten Zentrum „Coster“ für Kunst und Natur, das sich malerisch am Fuß des Puig de María zwischen Erde und Himmel schmiegt, ist ihr Werk „La cama de Penélope“ zu sehen, das durch einen Olivenbaum buchstäblich in der Landschaft verwurzelt ist. Eine Führung am 18. September verbindet diese beiden Ziele (artpalmacontemporani.com).

Ausstellung in der Kirche Roser Vell

Dass Pollença ein Ort ist, an dem die Schönheit der Natur und die der Kunst eine besonders wirkungsvolle Symbiose einzugehen vermögen, wird aktuell noch bei einer weiteren Ausstellung spürbar. Die deutsche Künstlerin Andrea Schomburg, die eine enge Verbindung zum Ort pflegt und dort bereits Kunsttherapie mit Alzheimerpatienten durchführte, zeigt ihre allererste Schau auf Mallorca. Und das an einem besonderen Ort: in der kleinen Kapelle von Roser Vell, deren Bau auf das 14. Jahrhundert zurückgeht. „Der Wunsch, in einer Kirche auszustellen, entstand schon vor langer Zeit, als ich in Frankreich lebte“, erklärt Schomburg. „Als ich dann vor einigen Jahren in Roser Vell eine Ausstellung sah, wusste ich, dass ich den richtigen Ort gefunden hatte: Hier herrscht eine ganz besondere Energie.“

Tiefe Empfindungen löst bei der in Berlin lebenden Künstlerin, die stets mehrere Monate im Jahr auf der Insel verbringt, auch das Tramuntana-Gebirge aus: Es fasziniert sie seit vielen Jahren. Immer tiefer tauchte sie in seine Welt ein, was ihre bis dato rein abstrakte Malerei nachhaltig veränderte: Schomburg begann, die Berge zu malen. „Ich habe sie immer als reine Form erlebt – ihr Maß, die Formationen, das sich ständig verändernde Licht, das besondere Farbenspiel und vor allem die archaische Kraft und Ausstrahlung“, sagt die Künstlerin.

Naturerlebnis und Spiritualität

Was sie nun unter dem Titel „Tramuntana“ zeigt, sind fast alles Bilder, die speziell für diese Ausstellung entstanden sind: In gewisser Weise kann man sie abstrakte Porträts der Berge nennen. Dazu gibt es Fotoarbeiten, in denen mehrere Bergaufnahmen zu einem neuen Bild verschmelzen, das den gewohnten Blick auf die Realität irritiert. Bei den Malereien ist die größte Arbeit ein Werk aus 21 Einzelarbeiten, die die Formen des Gebirges eingesogen haben und dabei doch nicht figürlich werden.

Fotomontage mit Bergen der Tramuntana. Andrea Schomburg

Eigentlich liebt Schomburg das Arbeiten in Schwarz-Weiß, doch auf Mallorca packte sie sichtbar die Lust nach Farbe. Das funktioniert gerade im Kontext der Kirche noch besser, als die Künstlerin selbst gedacht hätte: „Das fünfteilige Werk, das neben dem Altar hängt, hat genau die gleichen Farben wie das Altarbild – unglaublich, das ist mir erst hinterher klar geworden.“ Manchmal mache man intuitiv genau das Richtige. Ihr Anspruch, in einen Dialog mit der Kirche zu treten und den Raum dabei nicht zu überladen, ist geglückt: Naturerlebnis und Spiritualität verbinden sich harmonisch. „Die Natur ist ja auch ein spiritueller Ort, jedenfalls hier in der Tramutana, wo sie noch ursprünglich, unverletzt und noch nicht vom Tourismus zerstört ist“, sagt Schomburg.

Sie selbst musste behutsam mit dem Ausstellungsraum umgehen: In eine Kirchenwand darf man natürlich keine Nägel schlagen. Umso dankbarer ist Schomburg für das Vertrauen des Pfarrers, der ihr freie Hand ließ und einen Schlüssel zur Kapelle aushändigte, damit sie ungestört aufbauen konnte. „Ich finde die Menschen hier auf Mallorca so wunderbar“, sagt die Künstlerin. „Sie haben mich immer gesehen, wenn ich hier gemalt habe. Mir war es ein großes Anliegen, ihnen meinen Blick auf die Berge zu zeigen und auf diese Weise etwas zurückzugeben.“