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Im Regen spazieren, ohne nass zu werden
MZ-Kolumnist Juan José Millás stellt sich bei einem Spaziergang durch Madrid vor, in Buenos Aires zu sein
![Silhouette im Licht: Der Schatten eines Mannes auf einer Straße nach dem Regen,](https://estaticos-cdn.prensaiberica.es/clip/3ab71c44-12db-4b74-a959-787b1e7706c5_16-9-discover-aspect-ratio_default_0.jpg)
Silhouette im Licht: Der Schatten eines Mannes auf einer Straße nach dem Regen, / Rolf Vennenbernd/dpa
Ich kann nicht zwei Straßen gleichzeitig entlanggehen, aber ich kann in Madrid unterwegs sein und mir vorstellen, ich sei in Buenos Aires. Das tat ich gestern, als ich zufällig einen Freund traf. „Was machst du denn hier?“, fragte er.
Ich wusste nicht, ob er damit Madrid oder Buenos Aires meinte, also stellte ich die Gegenfrage, was er denn hier mache. Er sagte mir, er sei ganz in der Nähe mit einigen Journalisten in einem argentinischen Restaurant verabredet, was meine Verwirrung nur vergrößerte.
Buenos Aires, zufällig nach Madrid verlegt
Ich ging weiter durch diese Straße in Buenos Aires, die zufällig nach Madrid verlegt worden war, als es zu regnen begann. Ich schaute auf meine Wetter-App und tatsächlich regnete es gerade in Buenos Aires. Es war ein Vergnügen, im Regen spazieren zu gehen und nicht nass zu werden, weil es in Madrid sonnig war.
Als der imaginäre Regen aufhörte, nahm ich ein Taxi nach Hause. Der Taxifahrer war Pole und stammte aus Warschau. Er war seit 15 Jahren in Spanien und erzählte mir, wie es dazu gekommen war, dass er sich dauerhaft in unserer Hauptstadt niederließ. Ich hätte gerne Warschau gekannt, um mir vorzustellen, dass wir durch die Straßen dieser Stadt fuhren, aber ich war noch nie dort gewesen. Also habe ich versucht, mir vorzustellen, dass ich dort bin, wo ich bin, nämlich in Madrid. Das mag albern erscheinen, aber die Realität ist eine andere, wenn man sie sich vorstellt.
Nach Hause spaziert und Eintopf gegessen
Ich bat den Taxifahrer, mich vor meinem Ziel abzusetzen, um nach Hause zu spazieren. Dabei stellte ich mir vor, ich sei ich, was gar nicht so einfach ist, denn wir verbringen die Hälfte unseres Lebens damit, uns vorzustellen, wir seien jemand anderes. Die unerwartete Rückkehr nach Madrid und zu mir selbst freute mich so sehr, dass ich eine Dose mit Eintopf öffnete, den ich in der Mikrowelle erhitzte, und er schmeckte ganz wunderbar.
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