Dass gute Katalanisch-Kenntnisse für viele Berufszweige auf den Balearen strikte Voraussetzung sind, ist spätestens seit der Diskussion um den Ärztemangel auf der Insel bekannt. Nur wer mittels offizieller Zertifikate gute Sprachkenntnisse im Katalanischen nachweisen kann, hat die Chance, im öffentlichen Dienst angestellt zu werden. Doch selbst ein Sprachzertifikat auf C1-Niveau scheint kein Garant dafür, in allen katalanischsprachigen Regionen Spaniens beruflich aufsteigen zu können. Das hat jetzt eine Mallorquinerin erfahren, die sich in Katalonien beworben hat. Ihr Fall zeigt, wie kleinlich die Institutionen mit dem Thema Katalanisch-Pflicht umgehen – und dass die katalanischsprachigen Regionen alles andere als vereint sind.

Apol·l`nia Barceló fühlt sich diskriminiert. privat

Apol·lònia Barceló ist jemand, bei dem eigentlich niemand infrage stellen dürfte, dass sie der katalanischen Sprache mächtig ist. Die junge Mallorquinerin hat einen Master-Abschluss in Lehramt mit Schwerpunkt Katalanisch gemacht, hat an katalanischen Schulen Katalanisch unterrichtet, beim katalanischen Fernsehsender TV3 gearbeitet und beginnt nun ein Postgraduierten-Studium in „Korrektur und linguistischer Beratung“ mit C2-Niveau an der Autonomen Universität Barcelona. Mallorquinisch ist ihre Muttersprache, mit der sie aufwuchs und in der sie denkt. Mallorquinisch, nicht Katalanisch. Dennoch hat die katalanische Regionalregierung ihr jetzt ein Stipendium verweigert: Das C1-Diplom in Katalanisch, das ihr 2012 von der Balearen-Regierung verliehen wurde, könne nicht anerkannt werden.

Zur Erinnerung: Mallorquinisch (mallorquí) ist ein Dialekt des Katalanischen (català). Während die Menschen auf Mallorca im Alltag mallorquí reden, wird auf den Inselschulen in català unterrichtet. Vor allem beim Erlernen der Schriftsprache wird darauf geachtet, dass die Schülerinnen und Schüler die katalanische Standardsprache nach den Normen des Institut d’Estudis Catalans verinnerlichen und anwenden – nicht zuletzt, da es vom Mallorquinischen keine einheitliche Variante gibt. Der Dialekt variiert auf Mallorca teils von Dorf zu Dorf.

Sie unterrichtete bereits in Katalonien

Alles spricht also dafür, dass Apol·lònia Barceló genau wie alle anderen Schüler der Balearen seit ihrer Schulzeit tief im Katalanischen verwurzelt ist. Was sie auch schriftlich nachweisen kann: Wer das Abitur (bachillerato) an einer öffentlichen Inselschule abschließt und im Fach Katalanisch gute Noten hatte, der bekommt automatisch von der balearischen Landesregierung ein C1-Zertifikat ausgestellt und muss dieses nicht eigens in einem Sprachkurs erlangen. In Katalonien ist das anders: Dort bekommen schon Zehntklässler nach ihrem Abschluss der Mittleren Reife (4º de ESO) von der katalanischen Landesregierung das C1-Niveau bescheinigt. In Valencia, der dritten katalanischsprachigen Region gibt es für die Zehntklässler allenfalls ein B2-Niveau.

Barceló hatte in den ersten Jahren nach ihrem Abitur keinerlei Probleme. Im Gegenteil: Sie unterrichtete in Katalonien sogar die Zehntklässler. Nach ihrem abgeschlossenen Lehramts- und Musikstudium bewarb sich die junge Frau nun für ein Stipendium der katalanischen Landesregierung, dessen Anforderungen sie allesamt erfüllte – bis sie im September einen Anruf vom Amt für die Unterstützung kultureller Initiativen (OSIC) erhielt. Ihr Antrag werde wahrscheinlich abgelehnt, hieß es. Ihr auf Mallorca ausgestelltes C1-Zertifikat in Katalanisch sei in Katalonien nicht gültig.

"Großer Schaden für die Einheit der Sprache"

Barceló war empört, gab nicht klein bei und wandte sich an die NGO „Plataforma per la Llengua“, die sich seit 1993 „für die Förderung der katalanischen Sprache als Instrument des sozialen Zusammenhalts“ einsetzt. Diese bestätigte, dass die „von den Schulen“ ausgestellten Diplome nur in den jeweiligen Autonomen Gemeinschaften gültig sind. Auch mehrere andere Stellen, bei denen Barceló Widerspruch einlegte, lehnten ihr Anliegen ab. Das Sekretariat für Sprachpolitik der katalanischen Landesregierung teilte ihr mit, dass man sich zwar darauf geeinigt habe, die Bescheinigungen der katalanischen und balearischen Landesregierung gegenseitig anzuerkennen. Derzeit seien sie aber noch nicht gleichwertig, „weil die Kriterien für ihre Vergabe unterschiedlich sind“.

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„Damit ignoriert die katalanische Regierung den Geist der Verordnung“, findet Barceló. Die Mallorquinerin bedauert, dass nach jahrelanger Ausbildung mit Abschlüssen in Katalanisch an katalanischsprachigen Universitäten mehr Wert auf die „Buchstäblichkeit“ einer veralteten Verordnung gelegt werde. „Ich bin auf Mallorca geboren und aufgewachsen, das ist das Sprachproblem“, schlussfolgerte die junge Frau in einem Beschwerde-Post auf Twitter. Sie sieht in den Geschehnissen einen Fall von „Katalanophobie“. Letztlich leide die Sprache selbst am meisten. „Diese Art von Vorfällen fügt der Einheit der Sprache einen großen Schaden zu“, findet sie.

Unterschiede zwischen català und mallorquí

Tatsächlich unterscheiden sich das Mallorquinische und Katalanische in vielen Details. In der Regel weisen Sprachlehrer die Schüler auf den Balearen stets auf die Unterschiede hin. Diese reichen von der Aussprache (Mallorquinisch wird oft als undeutlicher wahrgenommen, da einige Silben verschluckt werden), über den Wortschatz (Katze etwa heißt auf Mallorquinisch „moix“, auf Katalanisch „gat“) bis hin zu unterschiedlichen Deklinationen. Der Satz „Ich heiße Toni“ wird im Standardkatalanisch mit „Jo soc Toni“ übersetzt, im mallorquinischen Sprachgebrauch dagegen mit „Jo som en Toni“. Die Mallorquiner verwenden zudem andere Artikel (es, sa, s’ / es, ets, ses statt auf Katalanisch el, la, l’ / els, les). Der Ortsname „S’Arenal“ ist typisch mallorquinisch. In Katalonien würde man „L’Arenal“ sagen, im Spanischen „El Arenal.“