Prozess gegen die Cursach-Ermittler auf Mallorca: Verantwortlich waren immer andere

Die Angeklagten wiederholen Beschuldigungen gegen den Megapark-Besitzer, bestreiten eigenes Fehlverhalten und sehen sich als Opfer

Manuel Penalva und Miguel Ángel Subirán auf dem Weg ins Gericht.  | FOTO: B. RAMON

Manuel Penalva und Miguel Ángel Subirán auf dem Weg ins Gericht. | FOTO: B. RAMON

Der Prozess gegen die ehemaligen Ermittler im Fall Cursach ist mit den Befragungen der Angeklagten in die entscheidende Phase gegangen. Dem ehemaligen Richter Manuel Penalva, Ex-Staatsanwalt Miguel Ángel Subirán sowie vier Ermittlern der Geldwäsche-Einheit der Nationalpolizei drohen jahrzehntelange Gefängnisstrafen. In einem viel tieferen Sinne steht aber in diesen Tagen mal wieder die Glaubwürdigkeit der Justiz der Balearen auf dem Spiel – egal, auf welcher Seite man steht.

Darum geht es im Prozess

Konkret geht es bei dem Prozess um zwei Ermittlungen, bei denen den sechs Angeklagten schwere Straftaten wie Geheimnisverrat, unrechtmäßige Festnahme, Behinderung der Justiz und Verleitung zu Falschaussagen zur Last gelegt werden. Zum einen sind da die Ermittlungen im Fall ORA. Im Jahr 2015 hatte ein Zeuge darauf hingewiesen, dass es bei der Ausschreibung der Parkzonen von Palma schwere Unregelmäßigkeiten gegeben habe. Im Mittelpunkt der Vorwürfe: die beiden PP-Politiker Álvaro Gijón und José Maria Rodríguez sowie der Unternehmer Antoni Roig. Die Ermittler ließen Dutzende Personen festnehmen, darunter auch die Eltern und den Bruder von Álvaro Gijón. In dem Fall kam es allerdings nie zur Anklage.

Und da sind auch die Ermittlungen im Fall Cursach, die zeitgleich mit den Untersuchungen im Fall ORA begannen. Jahrelang versuchten Penalva und Subirán, dem Megapark-Besitzer die Führung eines mutmaßlichen Geflechts aus unternehmerischer, politischer und polizeilicher Korruption nachzuweisen. Ihre in einer WhatsApp-Gruppe dokumentierten rabiaten Ermittlungsmethoden hatten letztlich keinen Erfolg: 2022 zog die Staatsanwaltschaft noch vor Prozessbeginn einen Großteil der Anklage zurück, das Gericht sprach Cursach und weitere Beschuldigte Ende Dezember schließlich frei.

Die Strategie der Angeklagten

Den Auftakt der Aussagen machte am vergangenen Donnerstag (22.6.) Ex-Richter Penalva, es folgten Subirán und die Ermittler der Nationalpolizei. Die Strategie der Angeklagten wurde schnell klar: die Arbeitsweise bei den Ermittlungen standhaft zu verteidigen, gleichzeitig aber die Entscheidungshoheit anderen Personen zuzusprechen.

Penalva und Subirán verwiesen vor allem auf einen Mann: Anti-Korruptions-Staatsanwalt Juan Carrau. Dieser sei im Fall ORA der eigentliche verantwortliche Ermittler gewesen, auch wenn man ihn sehr aktiv unterstützt habe. Carrau sei über alle Schritte und auch über Festnahmen informiert gewesen, habe aber nie etwas gesagt. „Ich weiß nicht, warum wir auf der Anklagebank sitzen und Herr Carrau nicht“, sagte etwa Penalva.

Subirán erklärte derweil, Beweise für die aktive Rolle Carraus zu haben. Diese befänden sich aber in seinem ehemaligen Büro, zu dem er keinen Zugang habe. Was Carrau selbst dazu sagt, wird man am Montag (3.7.) erfahren. Dann ist der Jurist, der im Cursach-Prozess vergangenes Jahr als Ankläger auftrat, als Zeuge geladen.

Die Staatsanwälte Juan Carrau und Tomás Herranz

Die Staatsanwälte Juan Carrau und Tomás Herranz / B. Ramon

Für die Festnahmen bei den Ermittlungen wollten weder Penalva noch Subirán die Verantwortung übernehmen. Diese seien zwar allesamt „absolut korrekt“, aber letztlich Entscheidungen der Nationalpolizei gewesen. Penalva erklärte im Fall der Festnahme der Familienangehörigen von Álvaro Gijón, er bereue es im Nachhinein, sie nicht in Untersuchungshaft eingewiesen zu haben, „da sie später Beweise zerstört hat“.

Die Verantwortung für die Festnahmen wollten auch die Ermittler nicht auf sich sitzen lassen. Zwar betonten auch die Polizisten der Geldwäsche-Einheit, dass alles jederzeit mit rechten Dingen abgelaufen sei. „Es wurden nicht willkürlich Menschen festgenommen“, erklärte etwa Ex-Polizist Miguel Ángel Blanco. Die Festnahmen seien allerdings immer von Penalva, Subirán und Carrau veranlasst worden. Gleichzeitig beeilten sich auch die Beamten zu betonen, dass sie quasi täglich ihre Vorgesetzten über ihre konkreten Schritte in den beiden Fällen unterrichtet hätten.

Der Fall Cursach

Auch wenn der ORA-Fall bislang einen Großteil der Befragungen ausgemacht hat, kommen auch immer wieder Details zu den Ermittlungen im Fall Cursach zur Sprache. Besonders Penalva lieferte sich gleich zu Beginn seiner Aussage ein Wortgefecht mit Staatsanwalt Tomás Herranz, der auch einer der Ankläger im Cursach-Prozess gewesen war. Penalva warf ihm vor, völlig unbegründet auf eine große Zahl an Zeugen verzichtet und Beweismaterial gestrichen zu haben. Herranz antwortete, in Anspielung darauf, dass alle Anklagen am Ende des Prozesses fallen gelassen wurden: „Sie behaupten weiterhin, dass das passiert ist, was nie passiert ist – und schämen sich nicht mal dafür.“

Sowohl Penalva als auch Subirán nutzten die Gelegenheit, um zu schildern, wie sie unter den Ermittlungen gelitten haben. Es habe massive Einschüchterungen gegen die Ermittler sowie gegen Zeugen durch Cursach gegeben: „Der schickte sofort Auftragsmörder“, so Penalva wörtlich. Zudem habe er deutliche Anzeichen gegeben, dass mehrere Zeugen durch Geldgeschenke dazu gebracht wurden, ihre Aussagen zu revidieren.

Bartolomé Cursach in Begleitung seiner Frau nach dem Freispruch und faktischen Prozessende am 30.11.2002 vor dem Gerichtsgebäude in Palma de Mallorca.

Bartolomé Cursach in Begleitung seiner Frau nach dem Freispruch und faktischen Prozessende am 30.11.2002 vor dem Gerichtsgebäude in Palma de Mallorca. / B. Ramon

Subirán berichtete, es sei mehrfach in sein Haus eingebrochen worden. Zudem sei sein Auto beschädigt worden. „Ich werde mein ganzes Leben lang an den posttraumatischen Folgen leiden. Wer ist bei dieser Geschichte wirklich der Leidtragende?“, fragte er.

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