Modern und bissig: Marga Prohens, die Wahlsiegerin auf Mallorca, im Porträt

Die 41-Jährige aus Campos steht für einen für die Balearen neuen konservativen Politikstil

Marga Prohens hat ein Semester in Bochum studiert.

Marga Prohens hat ein Semester in Bochum studiert. / B. Ramon

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Marga Prohens macht das nicht ungeschickt. Der Kandidatin der konservativen Volkspartei PP für das Amt der Ministerpräsidentin gelingt es, quasi in einem Satz „Respekt“ vor der sozialistischen Amtsinhaberin und ihrer größten politischen Widersacherin Francina Armengol zu bekunden und eben dieser Armengol zu bescheinigen, dass sie so kurz vor den Wahlen spreche, als sitze sie schon in der Opposition. Sie wisse als studierte Übersetzerin um die Macht der Worte, sagte Prohens vor wenigen Wochen.

Diese Kunst klug für sich zu nutzen lernte Prohens an der Universitat Pompeu Fabra in Barcelona und bei einem Auslandssemester, das sie an der Ruhr-Universität in Bochum absolvierte. Nach dem Abschluss in Übersetzung für Deutsch und Englisch schloss die aus Campos stammende Politikerin, die am Mittwoch (24.5.) 41 Jahre alt wurde, einen Master für Kommunikation und Marketing an ihr Studium an. Prohens arbeitete in einer Anwaltskanzlei und im Rathaus von Palma. Zeitgleich nahm sie mit großem Schwung ihre politische Karriere auf: Bereits mit 23 Jahren wurde sie Präsidentin der PP-Nachwuchsorganisation Nuevas Generaciones in ihrem Heimatort Campos.

Marga Prohens hat ein Semester an der Ruhr-Universität in Bochum studiert.  | FOTO: B. RAMON

Marga Prohens (Mitte) mit Frauen aus der Führungsriege der PP. / B. Ramon

Seit 2011 im Balearen-Parlament

Erstmals ins Balearen-Parlament wurde sie 2011 gewählt, von Listenplatz 12 aus. Die PP unter José Ramón Bauzá holte in jenem Jahr zum letzten Mal eine absolute Mehrheit für eine der beiden großen Volksparteien auf den Inseln.

Ab 2015 in der ersten Legislaturperiode des Linkspaktes mit Francina Armengol an der Spitze bekam Prohens in der Opposition dann mehr Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Da war schnell klar, dass sie innerhalb ihrer Partei zu Höherem berufen sein würde. Bei den Kontrollsitzungen des Balearen-Parlaments übernahm Prohens die Rolle der Fraktionssprecherin. Jeden Dienstag verwandelte sie sich in die bissige und schlagfertige Kontrahentin von Francina Armengol und deren Regierungsmannschaft.

Derweil saß der Parteichef Biel Company schweigend neben ihr wie ein eingeschüchterter kleiner Schuljunge. Es war lediglich eine Frage der Zeit, bis Prohens Company als Parteichefin ablösen würde – und im Mai 2021 kündigte der heute 59-Jährige diesen Schritt an. Gleichzeitig erklärte der gemäßigte Konservative seinen Rückzug aus der Politik.

Marga Prohens legt Muff der Korruption ab

Marga Prohens schien wie ein Jungbrunnen für die teilweise verknöchert wirkende Partei zu sein. Die 41-Jährige schaffte es auch, den Muff der Korruption abzulegen. Mit der alten Riege der Partei verkehrt sie zwar auch noch ab und an, wie etwa bei einem Essen vor wenigen Wochen, als sie mit dem wegen Korruption verurteilten Ex-Präsidenten der PP in Palma, José María Rodríguez, in Sineu tafelte und dafür Schelten von den politischen Gegnern und sogar von der eigenen Partei einstecken musste. Doch geschadet hat ihr dieses Treffen laut den Umfragen nicht, die sie zumeist als Wahlsiegerin sehen.

Für eine absolute Mehrheit dürfte es für die PP aber kaum reichen, was Prohens in eine vertrackte Situation bringt. Denn für eine Mehrheit dürfte die PP mindestens auf eine Koalition mit den Rechtspopulisten von Vox angewiesen sein – wovor es Prohens graut, obwohl sie die Rechtspartei selten nennt. „Ich will eine stabile Regierung, und ich sage das, weil ich sehe, was Vox in Madrid macht“, lautete eines ihrer wenigen klaren Statements zu einem möglichen Pakt mit Vox. Die Koalition in Madrid endete zuletzt im Unfrieden. Statt eines Pakts strebe sie eine Minderheitsregierung an.

Vergleiche mit Madrids Präsidentin Isabel Díaz Ayuso

Häufig wurde und wird Prohens mit der Präsidentin der Autonomen Region Madrid, Isabel Díaz Ayuso, verglichen. Die 44-jährige Madrilenin übertritt immer wieder den schmalen Grat zwischen Selbstbewusstsein und Hybris. Für teilweise so plumpe und populistische Aussagen wie von Díaz Ayuso ist Prohens nicht bekannt.

Aber auch die Mallorquinerin verdreht bei Gelegenheit schon mal ein wenig die Wahrheit, so wie bei einer Veranstaltung für ausländische Wähler im Januar: Im Zuge der Debatte um eine Beschränkung der Immobilienverkäufe auf den Inseln sprach sie davon, dass - sofern dieses Limit käme - nur noch Menschen Immobilien auf den Balearen erwerben dürften, die hier geboren sind. Die Debatte dreht sich in Wahrheit darum, ob man ein Limit für Nicht-Residenten einführen soll.

PP-Themen: Steuersenkungen und keine Beschränkungen

Ganz in PP-Tradition setzt Marga Prohens auf einen freien Markt und ist gegen Regulierungen wie einen Mietendeckel oder Beschränkungen im Tourismus. Dafür sieht sie Spielraum für Steuersenkungen und etwa eine Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungsteuer. In Sachen Sprachenstreit setzt Prohens auf ein friedliches Miteinander von castellano und català. Sie nutzt beide Sprachen in der Öffentlichkeit ohne Komplexe.

Das Selbstbewusstsein von Prohens kommt nicht von ungefähr. Sie konnte sich schon früh der Unterstützung der Parteispitze in Madrid sicher sein. Vor allem mit dem früheren Parteichef Pablo Casado, der eine eher unglückliche Figur als Chef der PP abgab und nach vier Jahren im Frühjahr 2022 durch den jetzigen Parteichef Alberto Núñez Feijóo ersetzt wurde, harmonierte Prohens bestens. Casado sorgte 2019 auch persönlich dafür, dass die Mallorquinerin die Kandidatin der Balearen für das Abgeordnetenhaus in Madrid wurde. Und sie brachte sich dort in die Debatten ein. Vor allem mit der Ministerin für Gleichstellung, der Linkspolitikerin Irene Montero von Podemos, legte sich Marga Prohens regelmäßig an.

Marga Prohens posiert leicht provozierend vor der Hat Bar in Palma.  | FOTO: B. RAMON

Marga Prohens posiert leicht provozierend vor der Hat Bar in Palma. / B. RAMON

Ausgangspunkt für diese intensive Rivalität war die Demonstration zum Tag der Frau am 8. März 2020, kurz vor Ausbruch der akuten Phase der Corona-Pandemie in Spanien. Prohens machte Montero dafür verantwortlich, eine Mitschuld an der Ausbreitung der Pandemie zu haben, weil Montero die Demonstration nicht absagte - wider besseres Wissen um die Entwicklung der Pandemie zu dieser Zeit. Prohens war selbst bei der Demonstration zugegen.

In der Folge warf sie der Linkspolitikerin vor, eine falsche Vorstellung von Feminismus zu haben. Und Prohens musste dabei nicht befürchten, sich angreifbar zu machen, denn sie selbst betont immer wieder, dass sie Feministin sei. Gleich zu Beginn ihrer politischen Karriere bekam die 41-Jährige den Bereich Gleichstellung und Frauenrechte übertragen.

Mit Parteikollege Javier Bonet verheiratet

Auch daheim lebe sie diese Gleichberechtigung, berichtet Prohens, die mit ihrem Parteikollegen Javier Bonet verheiratet ist. Gemeinsam mit ihm hat sie eine einjährige Tochter. Aus ihrer ersten Ehe stammt ein Sohn. Die Familienorganisation und die Kinderbetreuung teile sie sich völlig selbstverständlich mit ihrem Mann auf, erklärt Prohens, die in einer Wohnung in einer gepflegten Anlage mit Pool und Padelplatz in Son Rapinya im Nordwesten von Palma lebt.

Ihre Familie zeigt sie in den sozialen Netzwerken, speziell auf Instagram postet Marga Prohens auch unter ihrem offiziellen Account immer wieder Bilder von ihrer Tochter Blanca oder ihrer Hündin Julieta, einem Jack Russell Terrier. Prohens präsentiert sich mit ihren Kindern beim Fußball oder mischt sich auch mal beim Konzert der mallorquinischen Kultband Antònia Font bei Palmas Stadtfest Sant Sebastià unter die Massen. Solche Einblicke in ihr Privatleben lassen sie nahbar wirken.

Neben der Macht der Worte setzt Prohens auch auf die Macht der Bilder. Besonders formvollendet tat sie das im Oktober 2021, als sie für das „Diario de Mallorca“ vor der Hat Bar in Palma posierte - jener Bar, die für Francina Armengol eines der wenigen Skandälchen ihrer Amtszeit bedeutete. Während der Corona-Ausgangsbeschränkungen war die Ministerpräsidentin nach der Sperrstunde noch mit Parteikollegen vor der Bar angetroffen worden. So geht subtile Provokation - einer von vielen politischen Kniffen im Register von Marga Prohens.

Abonnieren, um zu lesen