Wahlen 2023: Was im Inselrat von Mallorca auf dem Spiel steht

Zukunft des Tourismus, Straßen, Bauvorschriften: Die Institution hat mittlerweile in vielen Bereichen etwas zu sagen. Ein Überblick über Positionen und Programme vor den Wahlen am Sonntag (28.5.)28. Mai

Plenum des Inselrats mit Präsidentin Catalina Cladera (Mi.): Hier wird über Regeln für Tourismus, Bebauung oder neue Straßen entschieden.  | FOTO: DM

Plenum des Inselrats mit Präsidentin Catalina Cladera (Mi.): Hier wird über Regeln für Tourismus, Bebauung oder neue Straßen entschieden. | FOTO: DM / Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Wenn der 28. Mai als Superwahltag gilt, dann auch deswegen, weil neben dem Balearen-Parlament und sämtlichen Gemeinderäten auch der Inselrat (Consell) neu gewählt wird. Die Institution steht immer ein wenig im Schatten der Landesregierung, obwohl sie inzwischen in zentralen Bereichen das Sagen hatvon der Sozialpolitik über die Verkehrsplanung und die Abfallwirtschaft bis hin zur Raumordnung und zum Tourismus. Die Landesregierung mag Rahmengesetze verabschieden – über die Lizenzen von Ferienunterkünften, deren Inspektion sowie auch die Tourismuswerbung entscheidet aber inzwischen der Consell.

Tourismus

Eine richtungsweisende Entscheidung fiel zuletzt vergangene Woche, just im letzten Plenum vor den Wahlen. Die Linksregierung aus Sozialisten, Més per Mallorca und Podemos beschloss mit einer Änderung des Raumordnungsplans den Verzicht auf 17.000 Gästebetten, die theoretisch noch hätten vergeben werden können. Anders gesagt: Neue Hotels und andere touristische Unterkünfte können künftig nur so viele Gästebetten bekommen, wie infolge der Schließung bestehender Betriebe an den Inselrat zurückfallen.

Der Schritt war schon länger angekündigt und mit einem im balearischen Tourismusgesetz vom vergangenen Jahr verankerten vierjährigen Moratorium vorgegeben. Vor allem Juniorpartner Més per Mallorca will den Massentourismus in seine Schranken weisen und die Tourismuswerbung auf null herunterfahren, was zuletzt zu massivem Streit mit dem sozialistischen Koalitionspartner führte.

Die konservative Opposition dagegen kritisierte die Entscheidung über die Gästebetten als übereilt und wahltaktisch motiviert. „Damit können Sie das Leben vieler Familien ruinieren, die vom Tourismus leben“, bemängelte der Spitzenkandidat der Volkspartei (PP), Llorenç Galmés. Man sei sich bewusst, dass die Urlauberindustrie auf Mallorca nicht unbegrenzt weiterwachsen könne, sinnvoller wäre aber die Festlegung einer Obergrenze von Gästebetten. Insbesondere bei der Ferienvermietung auf dem Land will die PP weniger Restriktionen als derzeit. Diese müsse auch in Landschaftsschutzgebieten erlaubt werden, lautet eines der Wahlversprechen.

Verkehr

Deutlich unterscheiden sich die Positionen beider Lager auch in der Verkehrspolitik. Die Volkspartei hat die täglichen Pendler-Staus auf den Zufahrtsstraßen nach Palma und der Ringautobahn als zentrales Thema besetzt. Fast im selben Satz kündigt Galmés an, einerseits die nachhaltige Mobilität zu fördern, andererseits das von der Linksregierung eingeführte Tempolimit von 80 Kilometern pro Stunde wieder aufzuheben sowie die Spur auf der Flughafen-Autobahn abzuschaffen, die derzeit Bussen, Taxen und Pkw mit mehr als einem Insassen vorbehalten ist (VAO).

Auch die Absage der Linksregierung an Neubauprojekte für Straßen geht den Konservativen zu weit. Einige Gemeinden wie Sencelles seien durchaus auf Umgehungsstraßen angewiesen, lautet das Argument. Noch weiter geht die Rechtspartei Vox: Sie fordert die Verlängerung der Inca-Autobahn, die bislang bei Sa Pobla endet, bis nach Alcúdia.

Die für das Verkehrsdezernat verantwortliche Linkspartei Podemos hat zwar in den vergangenen acht Jahren bereits geplante Bauprojekte zu Ende gebracht, sich aber ansonsten auf Instandsetzungsarbeiten und punktuelle Eingriffe wie den Bau von Kreisverkehren beschränkt. Das Problem: Um wirklich in den öffentlichen Nahverkehr investieren zu könnten, müsste der Inselrat die Zuständigkeit von der Landesregierung bekommen.

Ein solcher Schritt steht auch im Wahlprogramm der Sozialisten. Die Partei von Inselratspräsidentin Catalina Cladera will zudem das fehlende Stück von Palmas zweitem Ring auf Höhe des Flughafen-Zubringers ausbauen und dabei gleichzeitig Platz für die geplante Straßenbahn zum Airport schaffen. Die Ringautobahn dagegen soll zwischen Nou Llevant und Son Gotleu unter die Erde verlegt werden, um so Platz für einen „grünen Ring“ zu haben.

Raumordnung

Recht klar verlaufen die Fronten zwischen beiden Lagern auch in der Raumordnung. Die PP wirft dem Linksbündnis eine Verbotspolitik bei den Baurichtlinien auf dem Land vor und kündigt an, die in den vergangenen Jahren verschärften Limits für die maximale Bebauung pro Grundstück wieder zu lockern. „Viele Mallorquiner haben Grundstücke von mehr als zwei quarterades (1,4 Hektar), auf denen es möglich sein muss, ein Haus zu bauen“, sagt Galmés und positioniert sich damit vor allem gegen Més per Mallorca. Die Regionalpartei will eine weitere Zersiedelung außerhalb geschlossener Ortschaften verhindern und hat die restriktive Politik der Linksregierung maßgeblich vorangetrieben.

Die Sozialisten äußern sich zu dem Thema nicht explizit in ihrem Inselratsprogramm, haben aber in dem Bereich Raumordnung ein anderes Wahlversprechen parat: Die Gegend von Son Quint bei Palma soll erworben und als öffentliches Landgut zum Naherholungsgebiet werden. Darüber hinaus werde man die gesamte Tramuntana zum Niedrig-Emissions-Gebiet erklären. Auch die Gebirgslandschaft ist ein Zankapfel: Der PP geht ein vom Linkspakt auf den Weg gebrachtes Schutzgesetz (Ley de la Serra de Tramuntana) zu weit. Man werde dieses „Bürokratiemonster“ stoppen und zusammen mit den Bürgermeistern einen Konsens suchen.

Sozialpolitik

In der Sozialpolitik ähneln sich viele Vorschläge – Ausbau von Leistungen der Pflegeversicherung, der Tagespflege und der Seniorenheime – doch bietet das Linksbündnis durch den Skandal um aufgedeckte Missbrauchsfälle in Jugendheimen enorme Angriffsfläche. Man werde diese restlos aufklären und in Zukunft unterbinden, so die PP – ein Versprechen, das sich allerdings so ähnlich auch im Wahlprogramm der Sozialisten findet.

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