"Mehr Immobilienmakler als Bauern": Dieses gepfefferte Manifest ist ein Hilferuf von Landwirten auf Mallorca

45 Bauern aus 25 Dörfern der Insel erklären in 14 Punkten, wie dramatisch es um ihre Branche steht. Die großen Verbände kündigen derweil eine Demo an

Kein Regen in Sicht, die Felder (hier im Mai 2023 nahe Sineu) vertrocknen.

Kein Regen in Sicht, die Felder (hier im Mai 2023 nahe Sineu) vertrocknen. / FOTO: ROSA FERRIOL

Redaktion MZ

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Die Bauern auf Mallorca machen mobil. Die großen Verbände der Landwirtschaft auf der Insel haben für den 19. Februar eine Traktorenkolonne angekündigt, die von mehreren Punkten der Insel zur ständigen Vertretung der Zentralregierung in Palma geht. Die Verbände Unió de Pagesos, Asaja, UPA sowie die Kooperativen der Insel entschuldigten sich vorab bei den Inselbewohnern für die Unannehmlichkeiten, die durch den Protest entstehen könnten. Allerdings sei die Lage so besorgniserregend, dass man keine andere Wahl habe.

Zeitgleich veröffentlichten 45 mallorquinische Landwirte am Freitag (9.2.) ein Manifest, in dem sie auf die Gründe hinweisen, warum keine Zeit mehr bei den Hilfen für die Bauern verschwendet werden darf. Bislang (Stand: 9. Februar, 12 Uhr) hat sich keiner der großen Verbände dem Manifest angeschlossen. Wir geben den Text im Anschluss wieder.

Für ein ökologisches und landwirtschaftliches Mallorca

  1. Wenn es nicht regnet und wir jetzt keine Hilfe bekommen, sind wir vielleicht nicht mehr da, wenn es wieder regnet. Es ist unerträglich zu sehen, wie das Wasser auf Golfplätzen, in Hotels, auf Kreuzfahrtschiffen, Flughäfen, Gärten und riesigen Swimmingpools verschwendet wird, während gereinigtes Wasser ins Meer fließt. Die Bauern jedoch werden die ersten sein, die unter Einschränkungen leiden, obwohl sie nicht einmal 10 Prozent des Gesamtverbrauchs ausmachen. Wo sind die Kläranlagen, Bewässerungsteiche und Kanäle, die vor Jahrzehnten versprochen wurden?
  2. Die Produktionskosten sind explodiert und wir können sie nicht einfach auf die Verbraucher abwälzen. Viele Menschen können sich keine lokalen Produkte leisten, kennen sie nicht oder finden sie nicht. Diese Kosten tragen die Bauern, eine Belastung, die dazu führt, dass Betriebe geschlossen oder weiter prekärisiert werden.
  3. Alles kommt von außerhalb. Wir verlieren die geringe Lebensmittelsouveränität, die uns noch bleibt. Vor gerade einmal 20 Jahren wurden fast 50 Prozent dessen, was wir konsumierten, hier hergestellt, und jetzt sind es nicht einmal 15 Prozent. Wir verlieren Betriebe, Bauern, Lebensmittel, Wissen, Artenvielfalt, Sprache und Kultur. Wir können und wollen nicht tiefer sinken.
  4. Wir empfangen 16 Millionen Touristen im Jahr und die meisten von ihnen reisen wieder ab, ohne in den Genuss lokaler Produkte gekommen zu rein. Es ist nicht akzeptabel, dass 99 Prozent der Hoteliers kein einziges mallorquinisches Produkt in ihren Speisesälen anbieten, dass Tausende von Bars und Restaurants nichts Lokales auf der Karte haben und dass viele Supermärkte, Schulen und Krankenhäuser nur Produkte von außerhalb verwenden.
  5. Auf Mallorca gibt es mehr Immobilienmakler als Bauern. Dieses Modell zerstört das Dorfleben, raubt uns Wasser und Land und pflastert unsere Felder mit Beton zu und lockt reiche Ausländern und Hunden, die unsere Schafe angreifen. Und dann gibt es noch Beschwerden über den Lärm der Schafsglocken.
  6. Unsere Regierenden fördern die massive Bebauung des ländlichen Raums, verweigern uns den Zugang zu Land und Wasser und verhindern, dass die jungen Menschen die dringend erforderliche Nachfolge antreten. Wir können kein Land kaufen oder pachten. Ohne Bauern wird Mallorca keine lokalen und gesunden Lebensmittel haben.
  7. Wenn es nicht regnet und stattdessen immer heißer wird, können wir nicht säen und unsere Tiere haben nichts zu fressen. Sie suchen und finden nichts zu fressen, und der Preis für Tierfutter ist explodiert – oder es ist gar nicht verfügbar. Währenddessen sehen wir, wie die Regierung Geld für neue Hotelbetten und die touristische Werbung für die großen Hotelketten zahlt, die Unmengen verdienen.
  8. Wir importieren – mit enormen Umweltfolgen – Lebensmittel von der anderen Seite der Welt. Dabei könnten wir sie hier herstellen und zwar ökologisch. Wir brauchen mehr Bauern und weniger Beton und Urlauber.
  9. Alle Regierungen, die wir bisher hatten, fördern die massive Errichtung von Fotovoltaikparks auf dem wenigen fruchtbaren Land, das noch übrig ist. Sie verkaufen sich an Energie-Konzerne und vergeben Millionen an Subventionen aus Steuergeldern. Es gibt genügend heruntergekommene oder städtische Standorte, um diese Anlagen zu installieren. Was sollen wir mit dieser Energie anfangen, wenn wir kein Mehl haben?
  10. Große ausländische Investitionsfonds kaufen Grundstücke auf, um dort Hotels, Solarparks, Luxusvillen und Weingüter zu bauen. Das Ganze dient nur der Spekulation. Alles ist erwünscht, außer hochwertige Lebensmittel für die lokale Bevölkerung zu produzieren. Und dafür sind die Felder doch eigentlich da.
  11. Die Hilfen, die von den Regierungen versprochen wurden, kommen zu spät oder gar nicht. Einige Bauern haben immer noch nichts von den Hilfen erhalten, die ihnen im Jahr 2019 zugesagt wurden. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Verwaltung nur gegenüber dem Agrarsektor so unzuverlässig ist.
  12. Die multinationalen Konzerne monopolisieren alles – begünstigt durch internationale Freihandelsabkommen. Sie setzen die Preise fest, wie es ihnen gerade passt, und bringen billige Produkte aus Orten, an denen Bauern und Ökosysteme noch stärker ausgebeutet werden als hier.
  13. Die Verwaltungen begünstigen die großen Agrarkonzerne, während sie uns mit Bürokratie, Papierkram und lächerlichen Gebühren überhäufen. Ausgerechnet uns, die eine anständige Arbeit machen, während große Unternehmen, die Herbizide und Giftstoffe einsetzen, der Regulierung entkommen.
  14. Im Gegensatz zu den großen Agrarkonzernen unterstützen die Öko-Bauern auf Mallorca die meisten Umwelt-, Landwirtschafts- und Tierschutzmaßnahmen, die von Europa vorgegeben werden. Es wird keine gesunde Bevölkerung geben, wenn wir nicht den Einsatz von Pestiziden reduzieren und ein gesundes Ökosystem und Lebensmittel ohne Gifte schaffen.

Folgende Landwirte haben das Manifest unterschrieben

Lluís Nicolau (Felanitx), Andreu Adrover (Felanitx), Bernat Montserrat (Felanitx), Bernat Randa (Felanitx), Joan Oliver (Felanitx), Maria Teresa Ramis (Inca), Xisco Llompart (Llucmajor), Joan Gaià (Manacor), Joan Llull (Manacor), Miquel Serra (Manacor), Joana Riera (Manacor), Jaume Ferriol (Maria de la Salut), Alícia Vicens (Marratxí), José Mir Socies (Palma), Francesc Riera (Petra), Colau Pons (Pollença), Nicolau Cerdà (Pollença), Miquel Àngel Lobo (Porreres), Jaume Adrover (Portocolom), Borja Camí (Portocolom), Joan Ignasi Barceló (Puigpunyent), Omar (Sa Pobla), Antoni Feliu (Sant Jordi), Guillem Pont (Sant Llorenç), Toni Salas (Sant Llorenç), Colau Sirvent (Santa Maria), Llorenç Rigo (Santanyí), Paloma Nadal (Sencelles), Toni Sureda (Son Macià), Gaspar Alomar (Son Macià), Andrés Salinas (Vilafranca).

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