Mindestens 50.000 Pools gibt es auf Mallorca, auf den gesamten Balearen dürften es rund 70.000 sein. An keinem Ort rund um das Mittelmeer gebe es eine auch nur annähernd so hohe Dichte wie auf Mallorca, meint Jaume Adrover von der Umweltschutzinitiative Terraferida, die auch die Zahl der Pools ausgerechnet hat. Es sei ein Rekord angesichts von etwa 900.000 Mallorca-Residenten. Zwischen den Jahren 2015 und 2021 seien allein auf Mallorca mindestens 5.271 neue Pools gebaut worden – und die meisten davon nicht unweit der Küste, wo ein Bad im Meer ohnehin in Reichweite ist.

Die neuen Zahlen von Terraferida haben eine Pooldebatte auf Mallorca angefacht. Ein Baustopp für neue private Schwimmbecken müsse das Fieber bremsen, fordern die Aktivisten. Die balearische Landesregierung reagierte prompt auf die Kampagne der Aktivisten, auch wenn sie eigentlich gar nicht zuständig ist. Im neuen Wasserwirtschaftsplan für die Balearen wolle man dem Inselrat und den Gemeinden nahelegen, die Größe der Becken zumindest zu limitieren, heißt es. Ohnehin handhaben die Behörden das Thema seit einigen Jahren zunehmend restriktiver.

Auf der anderen Seite ist ein Pool natürlich ein Statussymbol und eine Investition in die eigene Immobilie – und eine ganze Branche lebt von den Bedürfnissen der Poolbesitzer auf Mallorca. Aber was ist eigentlich bislang erlaubt? Sind die Pools überhaupt eine Umweltsünde? Und was macht ihren eigentlichen Wert für Fincabesitzer aus?

Was die Behörden erlauben

Auf Mallorca gibt es bislang wenige gesetzliche Einschränkungen für den Bau von Pools. Wer ein Grundstück in städtischem Gebiet (suelo urbano) hat, kann seinen Pool mehr oder weniger beliebig groß anlegen. In der Regel sind die Grundstücke in städtischem Raum allerdings gar nicht so groß, als dass Poolbesitzer über das Ziel hinausschießen könnten.

In ländlichem Raum (suelo rústico) sieht es anders aus, hier gibt es konkrete Vorschriften. Seit einem Dekret 2020 müssen Grundstücke mindestens 15.000 Quadratmeter groß sein, um überhaupt bauen zu dürfen. Möglich sind dann 300 Quadratmeter Bebauung, wobei hier Pool und Immobilie zusammengefasst werden. Es gibt aber noch eine weitere Einschränkung: Ein Pool auf suelo rústico darf maximal 35 Quadratmeter groß sein, also beispielsweise sieben mal fünf Meter oder etwas mehr als acht mal vier Meter. Ferner darf der Pool maximal 60 Kubikmeter Wasser fassen können. Eine weitere Neuerung ist, dass auf jedem Grundstück nur noch maximal ein Pool gebaut werden darf.

Grün statt blau?

Inzwischen sind einige Gemeinden bereits dabei, eigene Obergrenzen festzuschreiben, wie Jens Langer berichtet, Geschäftsführer der Poolbau-Firma Sun Pool mit Sitz im Gewerbegebiet Son Oms in Palma. So wolle die Großgemeinde Calvià in ihrem neuen Raumordnungsplan Pools in ländlichem Raum auf eine Kapazität von 45 Kubikmetern begrenzen.

Auch bei der Frage des Landschaftsschutzes gibt es kaum Vorgaben. Vor einigen Jahren wurde der Plan debattiert, dass der Boden der Pools im dezenten Grün statt im strahlenden Blau gehalten werden solle. Damit wären die Becken zumindest aus der Luft nicht so prominent wahrnehmbar. Umgesetzt wurde die Idee schließlich nicht – womit sich auch die Frage der Kontrolle einer solchen Vorgabe erübrigt.

Neben dem Land bräuchte es nach Ansicht von Adrover von Terraferida aber auch Vorgaben im städtischen Raum. Gerade bei Neubauten sei der Boom zu spüren: Inzwischen 80 Prozent der Bauanträge beinhalteten auch einen Pool, was vor allem mit der Ferienvermietung zu erklären sei. Eine Nachfrage, die auch Unternehmer Langer beobachtet: „Gerade bei den Zweitimmobilien gibt es so gut wie keine Bauanträge mehr ohne Pool.

Leichter zu verkaufen

Ein Schwimmbad auf dem eigenen Grundstück wertet im Regelfall das dazugehörige Haus eben deutlich auf. Studien von Immobilienportalen kommen zu dem Schluss, dass ein Pool eine Immobilie um 30 bis 50 Prozent im Verkauf verteuert. So hat etwa der Anbieter idealista.es im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben herausgefunden, dass auf der Website des Portals Häuser mit Pool um durchschnittlich 37,5 Prozent teurer angeboten werden als solche ohne Schwimmbad.

Branchenexperten auf Mallorca bestätigen, dass Pools inzwischen sogar entscheidend für den Wiederverkauf einer Immobilie seien – vor allem im höheren Preissegment. „Sie sind bei Einfamilienhäusern und Fincas für den Verkaufserfolg maßgeblich“, stellt Hans Lenz fest, Managing Director von Engel & Völkers auf Mallorca. Nach seiner Beobachtung gingen gerade im Zweitwohnsitzmarkt rund 70 Prozent der Interessenten an einem Haus verloren, wenn dieses keinen Pool hat. Und auch in Apartment-Gemeinschaften speziell außerhalb von Palma sei ein Pool inzwischen „im Grunde ein Muss“.

Das bestätigt auch Jens Langer von Sun Pool. Es gebe Kunden, die ihre Finca ohne Pool verkaufen wollten, vor dem Verkauf aber noch schnell seine Firma beauftragten, einen Pool zu bauen, um auf diese Weise die Immobilie besser verkaufen zu können. „Keinen Pool zu haben, vor allem im Zweitwohnungsmarkt, ist ein eindeutiger Makel.“ Auf der Website der Immobilienfirma Porta Mallorquina, die vor allem Ferienimmobilien an wohlhabende Deutsche, Schweizer und Österreicher verkauft, heißt es, dass ein Grundstück ohne Pool für diese Käufer ein „No-Go“ sei.

Mein Haus, mein Pool, …

Und man muss ordentlich Geld hinblättern, um sich den Traum eines privaten Schwimmbeckens zu erfüllen. Zwar gibt es bei Baumärkten und einigen Poolbauern auf der Insel bereits Angebote für niedrige fünfstellige Euro-Beträge. Aber solche Schwimmbecken seien eher von niederer Qualität, warnt Langer. Nach oben dagegen sind preislich keine Grenzen gesetzt. „Man kann auch 300.000 Euro für einen Pool ausgeben“, sagt Langer. So teuer wird es, wenn Kunden beispielsweise ein Edelstahlbecken bestellen, das äußerst langlebig ist, keine Fugen und eine glatte Oberfläche hat.

Neben dem Verkaufswert gibt es aber auch den immateriellen Mehrwert. So schreibt das Online-Portal DecorDesign in einer Art Ode an das private Schwimmbad: Pools „haben die Macht, ein Zuhause in ein Resort zu verwandeln, und dienen als Ort, an dem Menschen dem Alltag entfliehen und ihr Alter Ego neu erschaffen können“. Das klingt zwar ein wenig pathetisch, fest steht aber: Ein Pool ist ein Statussymbol. „Menschen, die sich eine teure Immobilie leisten, wollen immer auch einen Pool“, sagt Hans Lenz. Gerade am Abend, wenn die Beleuchtung eingeschaltet ist, macht es sich gut, Freunde oder die Familie zu einem abendlichen Umtrunk zu empfangen.

Und es ist keinesfalls eine exklusive Angelegenheit reicher Zweithausbesitzer: Auch immer mehr Einheimische legen sich Pools an. Dafür reicht es, sich Satellitenbilder der Vorstadtsiedlungen von Palma und Marratxí anzuschauen, wo vor allem Mallorquiner und Festlandspanier leben. In manchen Straßen verfügt dort jedes Haus über ein Schwimmbecken. Und gerade im ländlichen Raum widmen manche Einheimische safareigs um, die früher als Wasserspeicher in der Landwirtschaft genutzt wurden.

Wie viel Wasser verdunstet?

So schön die Optik, so umstritten die Umweltbilanz. Aktivist Adrover kritisiert die Lage im Sommer als komplett widersprüchlich. Auf der einen Seite gebe es Gemeinden auf Mallorca, die bereits vor Wochen die Vorwarnstufe zur Trockenheit ausrufen mussten und nun verfügen, dass Pools nicht mehr aufgefüllt werden dürfen. Andererseits aber würden 17 neue Pools pro Woche auf der Insel gebaut.

Eines der größten Probleme ist die Menge an verdunstetem Wasser, da sind sich sogar Umweltschützer und Poolbranche einig. Nur bei den Zahlen über das tatsächlich verloren gegangene Wasser gehen die Angaben auf beiden Seiten auseinander. Wissenschaftler der Balearen-Universität kamen in Zusammenarbeit mit der Universität in Salzburg im Jahr 2019 zu dem Schluss, dass allein auf Mallorca pro Jahr knapp sechs Milliarden Liter Wasser durch Verdunstung aus privaten Pools verloren gehen. Auf Anfrage der Wochenzeitung „Ara Balears“ vergangene Woche wurde diese Zahl noch einmal bestätigt. Die Zeitung kommt in ihrer Rechnung auf 16 Millionen Liter verdunstetes Poolwasser auf Mallorca – jeden Tag. Und da seien die abbaubaren Pools noch nicht einmal mitgezählt.

Poolabdeckungen könnten das Verdunstungsproblem lösen

Jens Langer von Sun Pool hat andere Erfahrungen: Ein durchschnittlich großer Pool verliere in der Woche rund zwei Zentimeter Wasser. Bei einem acht mal vier Meter großen Becken seien das etwa 500 Liter pro Woche. „Die derzeitige Politik gegenüber dem Pool ist daher aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt“, kritisiert der Unternehmer und führt als Argument an, dass allein die Wasserleitungen auf Mallorca pro Jahr aufgrund von undichten Stellen rund 25 Prozent des gesamten Trinkwassers verlieren.

Eine Untersuchung im Jahr 2021 ergab, dass allein in Palma 28 Millionen Tonnen Wasser pro Jahr aufgrund von Lecks in den Leitungen verloren gehen. Aber auch eine Schätzung von zwei Zentimetern Wasserverlust in der Woche pro Pool ergibt eine beträchtliche Gesamtzahl: Bei insgesamt rund 50.000 Pools auf Mallorca wären das pro Woche 25 Millionen Liter Wasserverlust.

Um diese Verdunstung zu stoppen, fordern Umweltaktivisten bereits seit Längerem, dass Poolabdeckungen verpflichtend werden. Dagegen würden sich Jens Langer und auch Hans Lenz nicht sperren – im Gegenteil. Das sei eine sinnvolle Maßnahme, sagen beide. Langer berichtet, dass er bei seinen Projekten schon längst stets eine Abdeckung empfiehlt.

In die Umweltbilanz eingehen muss zudem noch der Stromverbrauch. Gerade im Sommer, wenn die Becken viel genutzt werden, müssen die Umwälzpumpen viele Stunden am Tag laufen. Adrover verweist darüber hinaus auf die Verwendung von umweltschädlichen Chemikalien, um das Wasser sauber zu halten. Vor allem Süßwasserpools verbrauchen im Sommer eine Menge dieser Zusätze.

Jobs dank Poolbau

Auf Mallorca hängen viele Arbeitsplätze am Pool-Boom. Rund 10.000 Menschen auf der Insel verdienen ihren Lebensunterhalt direkt mit dem Bau, der Reinigung oder im weiteren Umfeld, schätzt Jens Langer. „Es gibt sicher Hunderte kleinerer Reinigungsfirmen oder Fincaverwaltungen, die sich um den Unterhalt von privaten Schwimmbecken kümmern.“ Und selbst diese Zahl an Dienstleistern reicht speziell in den Sommermonaten oft nicht aus. Anbieter sind fast durchgehend voll ausgelastet, Termine manchmal schwer zu bekommen.

Angesichts der derzeitigen öffentlichen Debatte wird vor einer Verteufelung der Branche gewarnt – zumal sich die Firmen der Umweltproblematik bewusst seien und inzwischen Abhilfe schaffen. Langer berichtet etwa, dass inzwischen etwa frequenzgesteuerte Poolpumpen zum Standard für neue Projekte gehörten. Diese verbrauchen beim gewöhnlichen Filtern wenig Strom, weil sie auf niedriger Stufe laufen können. Bei Bedarf kann die Stärke dann für kurze Zeit erhöht werden.