Die Bagger graben sich immer tiefer in den steilen Berg hinein, und in immer schwindelerregenderen Höhen entsteht in Son Vida eine Luxusvilla nach der anderen. Der Nobelstadtteil im Nordwesten von Palma de Mallorca mit seinem Panoramablick auf die Bucht und weit darüber hinaus wächst derzeit wie kaum zuvor. Beständiges Hämmern, Bohren und das Piepsen der Kräne – die Anwohner sind trotz ihrer Häuser mit all deren Annehmlichkeiten derzeit eigentlich kaum zu beneiden.

Offizielle Zahlen zur Bautätigkeit in Son Vida gibt es zwar nicht. Eine Sprecherin der Stadt Palma verweist gegenüber der Mallorca Zeitung darauf, dass die Verwaltung nicht ständig die Daten aktualisiere und deshalb nicht genau wisse, welche Grundstücke vielleicht bereits verkauft sind, aber noch nicht bebaut werden, oder welche anderen noch zu haben sind. Fest steht aber, dass es im Villenviertel langsam, aber sicher eng wird.

Das bestätigt beispielsweise Gabriela Muñoz, die den exklusiven Stadtteil als Lizenzinhaberin des Immobilienunternehmens Engel & Völkers beackert. Ihres Wissens nach gibt es derzeit noch rund 60 Grundstücke, die für eine Bebauung infrage kommen. Und diese sind begehrt wie selten zuvor. „Die Bauplätze, die von der Lage und der Topografie überzeugen können und einen realistischen Preis aufrufen, sind sofort verkauft“, sagt Muñoz. Baufirmen und Bauherren stünden Schlange, um ein Grundstück nach ihren Vorstellungen zu ergattern. Um sich als Privatmann Hoffnungen auf einen der Bauplätze machen zu können, reicht es inzwischen nicht mehr aus, einfacher Millionär zu sein.

Sehr große moderne Häuser

Laut aktuellen Statistiken haben sich die High-End-Häuser während der Corona-Pandemie bisher mit am besten verkauft. Aus ihnen heraus stechen noch einmal die Immobilien in Son Vida, sie haben mit die höchsten Durchschnittspreise der Insel – über 4,7 Millionen Euro. Und innerhalb dieses Luxus-Biotops ist die Villa Solitaire eine ganz eigene Welt, die derzeit für 65 Millionen Euro angeboten wird.

Seine Wurzeln hat Son Vida zwar im 13. Jahrhundert. Dass das Viertel aber heute für Luxus schlechthin steht, hat seinen Ursprung in den 1950er-Jahren. Damals kauften der US-Amerikaner Steve Kusak und der mallorquinische Weinunternehmer José Luis Ferrer sowie zwei weitere Freunde Son Vida auf, um daraus die heutige Luxussiedlung zu machen. Gabriela Muñoz kennt wie keine Zweite das Viertel. Seit 17 Jahren stecke sie ihr ganzes Herzblut in Son Vida, wie sie über sich sagt. Allein in den vergangenen fünf Jahren habe Engel & Völkers rund hundert Immobilien hier oben verkauft.

Dass die Projekte in den vergangenen Monaten immer ambitionierter wurden, kann sie bestätigen. „Son Vida ist zurzeit bei superreichen Nord- und Mitteleuropäern wahnsinnig begehrt, vor allem bei Deutschen.“ Und da wird an nichts gespart. Immer größer, exklusiver, teurer ist das Motto beim Bau. „Zurzeit werden vor allem sehr große Häuser in modernem Stil gebaut.“ Das sagt auch Lutz Minkner, dessen Immobilienunternehmen zahlreiche Objekte in Son Vida anbietet. „Fast alle neuen Häuser werden moderne Villen, die mediterrane Form ist gerade ein bisschen out.“

Der Vorteil von Son Vida im Vergleich zu anderen Lagen im Südwesten der Insel ist die Dimension der Bauplätze. „Hier sind die Grundstücke im Durchschnitt etwa 2.000 Quadratmeter groß. Das erlaubt es, größere Häuser als an anderen Orten zu bauen“, erklärt Muñoz. Und die Bauherren nutzten häufig die erlaubten Flächen komplett aus.

Die Bautätigkeit in Son Vida konzentriert sich gerade vor allem auf zwei Gebiete: Zum einen werden Villen und Häuser mit einer Größe von 600 Quadratmetern für Preise zwischen vier und sechs Millionen Euro errichtet. Diese eher im unteren Teil des Viertels und ohne Meerblick. Und dann gibt es da noch die absoluten Luxusvillen, die sich alle im oberen Bereich, den sogenannten „Son Vida Hills“ befinden. Dort beginnen die Preise bei rund zehn Millionen Euro. Lutz Minkner berichtet, dass derzeit der alte Teil von Son Vida weiter unten sehr beliebt sei, Gabriela Muñoz dagegen sagt, sie verkaufe momentan vor allem in den „Son Vida Hills“ ganz oben.

Die Baukosten seien in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, weil zum einen die Grundstücke aufgrund des begrenzten Angebots teurer, zum anderen aber auch die Baumaterialien immer exklusiver würden und komplizierter zu beschaffen seien. Auch die Haustechnik der Villen sei auf einem „unvergleichlichen Stand“, fügt Minkner hinzu.

Der reine Preis spielt bei einigen Käufern immer weniger eine Rolle, wie etwa der „Spiegel“ in seiner neuesten Ausgabe feststellt. Es gibt demnach eine wachsende Zahl von Deutschen, die nicht wüssten, wohin mit ihrem Geld, nach dem Motto „Gesucht: Ferienhaus mit Pool, Preis egal“, so die Schlagzeile. Erben, erfolgreiche Unternehmer – sie kauften auch mal eine Zehn-Millionen-Immobilie nur auf Basis einer Videoführung durch das Objekt.

Bei Superreichen, die in der Pandemie ihr Vermögen weiter aufstocken konnten und von Banken kaum Zinsen erwarten können, sind Immobilien eine beliebte Anlage – zumal auf einer Insel, wo der Baugrund nicht beliebig vermehrbar ist. Diese Entwicklung bestätigt auch Luis de León, der Präsident der Vereinigung der Bauleiter auf Mallorca: „Die Bautätigkeit im Super-Luxusbereich hat von einer Krise überhaupt nichts gespürt.“

Abreißen und neu bauen

Die Firmen, die in Son Vida bauen, sind vorrangig spanische und deutsche Bauträger mit langer Erfahrung. In vielen Fällen, so berichtet Muñoz, kommen die Baufirmen mit den Plänen der Häuser vorher bei ihr vorbei. „Den Bauträgern ist es sehr wichtig zu wissen, was unsere Kunden suchen.“

Das Platzproblem in Son Vida macht sich inzwischen nach und nach auch bei den neuen Projekten bemerkbar, berichtet Muñoz. Die Bauträger kauften bereits bebaute Grundstücke, die zum Verkauf stehen. In Zukunft wollen sie bestehende Villen abreißen und durch Neubauten ersetzen. Und die dürften aller Voraussicht nach vor allem eines sein: größer, exklusiver und teurer.

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Die Bewohner von Son Vida: Sportler, Adel, Unternehmer

Das Viertel Son Vida zieht seit jeher die Reichen und Schönen an. Einen Wohnsitz auf dem exklusivsten Hügel über Palma haben derzeit unter anderem die beiden ehemaligen Stars des FC Bayern München, Oliver Kahn und Bastian Schweinsteiger, der englische Schauspieler Joseph Fiennes („Shakespeare in Love“), der mallorquinische Hotelier Gabriel Escarrer (Meliá) oder der Ex-Tennisprofi Carlos Moyà. Außerdem residieren hier zahlreiche Vertreter europäischer und arabischer Königshäuser sowie wohlhabende Politiker aus Katar und Ägypten neben deutschen und britischen Unternehmern.