Meinung | DER INSELDUDEN
Armut ist ein ehrlich Ding
Eine Kolumne von Jan Lammers
![Armut ist meist ein Teufelskreis für die Nachkommen.](https://estaticos-cdn.prensaiberica.es/clip/0ebcaf24-41af-40e0-9a31-3a5b99aaaefa_16-9-discover-aspect-ratio_default_0.jpg)
Armut ist meist ein Teufelskreis für die Nachkommen. / ION COMUNICACIONS
Armut, Bedürftigkeit
Bereits vor zwei Jahrtausenden warnte der römische Stoiker Seneca der Jüngere eindringlich vor lähmender Selbstzufriedenheit: „Genügsamkeit ist freiwillige Armut.“ Materieller Mangel und Einsamkeit sind häufig zwei Seiten derselben Medaille, was unter Umständen weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen kann: „Wenn die Armut zur Tür hereinkommt, flieht die Liebe durchs Fenster“ (Quan sa misèria entra per sa porta, s’amor surt per sa finestre) – ein hiesiges Bonmot, an welchem sich über die Jahrhunderten nur wenig geändert hat.
Ungünstige finanzielle Umstände anzunehmen und gegebenenfalls mit begrenzten Mitteln auskommen zu müssen, birgt laut dem chinesischen Philosophen Konfuzius jedoch auch einen Vorteil: „Zufriedenheit bringt auch in der Armut Glück; Unzufriedenheit ist Armut, auch im Glück“ – ein trauriges Beispiel hierfür sind die enormen mentalen Probleme vieler Stars und Sternchen. Dass deren Geld allein nicht glücklich macht, ist der Kern der zynischen Feststellung des deutsch-österreichischen Poeten Klaus Ender: „Armut ist oft kurzfristig, geistige Armut – lebenslänglich.“
Oftmals endet der negative Kontostand am Monatsende in einem Teufelkreislauf für die Nachkommen, da Bildung und soziales Umfeld zu kurz kommen: „Geld macht Geld, und Armut macht Armut“ (Doblers fan doblers i misèria fa misèria). Die weltweiten Migrationsbewegungen sind das sichtbare Symptom der verzweifelten Suche vieler Menschen nach einer besseren Zukunft.
Einer der grundlegenden Faktoren für niedrige Löhne ist die mangelnde oder schlichtweg nicht vorhandene Ausbildung der Arbeitskräfte, was häufig zu Unzufriedenheit und Wechsel der Anstellungen führt: „Zwölf Berufe, dreizehn Mängel“ (Dotze oficis, tretze misèries). Und im Sinne von Konfuzius reimte Johann Wolfgang von Goethe: „Ich bin ein armer Mann, schätze mich aber nicht gering: Die Armut ist ein ehrlich Ding, wer damit umgehn kann.“
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