Die Guardia Civil hatte durchsickern lassen, dass es um Betrug mit Kryptowährungen ging, nun stellt sich heraus, dass der Haftbefehl aus einem ganz anderen Grund erging: Die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg beschuldigen einen am 3. Februar in der Gemeinde Marratxí festgenommenen deutschen Unternehmer, mit Aktienmarkt-Manipulationen Millionen Euro erschwindelt zu haben.

Die Ermittler halten den 45-Jährigen für ein „führendes Mitglied“ einer international tätigen Bande, die mit gezielten Falschinformationen und Kursmanipulationen den Anlegern weitgehend wertlose kanadische Aktien unterjubelten. Der Mann, ein ausgewiesener Autonarr, war 2019 gemeinsam mit seiner Frau schon einmal als stiller Teilhaber eines TV-Auswanderer-Lokals auf Mallorca in Erscheinung getreten.

Mehrjährige und umfassende Ermittlungen

Wie aus einer Pressemitteilung des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg hervorgeht, nahm die Polizei neben dem 45-Jährigen am 3. Februar in Deutschland noch zwei weitere mutmaßliche Drahtzieher der Marktmanipulationen fest. Insgesamt seien als Resultat von „mehrjährigen und umfassenden" Ermittlungen im Rhein-Neckar-Raum und auf der Insel 15 richterlich angeordnete Durchsuchungen erfolgt.

Auf Mallorca hatte die Polizei in einer Villa in der Siedlung Sa Planera in Marratxí sowie in einer Lagerhalle unter anderem Luxusautos und Markenkleidung sichergestellt. Die beschlagnahmten Vermögenswerte belaufen sich insgesamt auf mindestens 40 Millionen Euro, hauptsächlich in Fahrzeugen und Immobilien. Neben den drei Festgenommenen gibt es nach MZ-Informationen noch sieben weitere Beschuldigte, darunter auch die Frau des Mallorca-Deutschen.

In dieser Siedlung in der Gemeinde Marratxí lebte der festgenommene Unternehmer. Nele Bendgens

"Kapitalmarktexpertise"

Der 45-Jährige trat als Geschäftsführer einer laut Eigendarstellung auf Unternehmensnachrichten und deren Vertrieb spezialisierten Marketing-Agentur in Baden-Württemberg auf. Deren immer noch freigeschaltete Website bewirbt eine 15-jährige „Kapitalmarktexpertise“.

Laut den Ermittlern streuten die Festgenommen über diese sowie eine weitere, ähnlich ausgerichtete Agentur wissentlich unzutreffende Unternehmensinformationen und bewarben massiv praktisch wertlose kanadische Aktien. Diese sogenannten „pennystocks“ sollen die Beschuldigten in Zusammenarbeit mit kanadischen Geschäftspartnern im Freiverkehr an deutschen Börsen platziert haben.

Parallel dazu sollen die Beschuldigten mit diversen Börsentricks (etwa sogenannten "wash-sales") eine große Nachfrage und ein knappes Angebot vorgetäuscht und damit den Kurs der Wertpapiere immer weiter in die Höhe getrieben haben. Mit dem Verkauf der Aktien an die in die Irre geführten Kleinanleger strichen sie dann laut dem Landeskriminalamt „extrem hohe Gewinne“ ein.

Investitionen an der Playa de Palma

Aufgefallen sei diese "organisierte Wirtschaftskriminalität" (LKA) zunächst der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin). Die Ermittlungen in den laut MZ-Informationen mindestens 54 „Fallkomplexen“ dauern an. Eine Bitte der MZ um Stellungnahme an den Anwalt des 45-Jährigen blieb unbeantwortet.

Der heute 45-Jährige Mallorca-Deutsche war vor etwa vier Jahren auf der Insel aufgetaucht und hatte sich unter anderem an der Playa de Palma nach Investitionsmöglichkeiten umgeschaut. Dabei war er auch mit mehreren Reality-TV-Darstellern in Kontakt. In einem der TV-Auswanderer-Lokale waren seine Frau und er kurzzeitig stille Teilhaber.

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Zudem war der 45-Jährige auf der Insel für seine Autos bekannt. Bilder in den Sozialen Netzwerken zeugen von Spazierfahrten in Supersportwagen wie einem Koenigsegg Regera (Kostenpunkt über eine Million Euro) oder einem McLaren 720S (über 250.000 Euro).