Auf den ersten Blick wirkt das Angebot mehr als attraktiv. Ein malerisches Townhouse in der Altstadt von Santanyí wird da auf der Website von VillaCircle angeboten. Der Preis: 178.600 Euro. Das Steinhaus hat einen geräumigen Patio mit Pool und macht einen sehr gepflegten Eindruck. Doch der Preis ist natürlich zu schön, um wahr zu sein. Hinter dem Betrag steht der Zusatz „pro 1/8 Anteil“. Sprich: Der Käufer erwirbt 12,5 Prozent des Hauses und zahlt dafür auch nur 12,5 Prozent des Gesamtpreises. Doch trotz des geringen Anteils ist er auf diese Weise Miteigentümer und kann die Immobilie beispielsweise als Ferienhaus nutzen, ohne sich gleich ein ganz eigenes Objekt komplett kaufen zu müssen.

Ferienhäuser und -villen auf Mallorca – aber nicht nur hier – stehen einen großen Teil des Jahres leer. Das hat man auch bei VillaCircle, einem Start-up aus Hamburg, gemerkt. Schließlich werden die meisten Ferienimmobilien nicht mehr als zehn Wochen im Jahr genutzt. Mit anderen Worten: Die restlichen 42 Wochen besitzen die Käufer das Objekt – und zwar mit allen verbundenen Pflichten und Kosten –, ohne dass sie es eigentlich bräuchten. Gleichzeitig träumten laut dem Unternehmen 24 Prozent der Deutschen von einem eigenen Ferienhaus. „Aber nur zwei Prozent der Deutschen haben wirklich eines“, konstatiert Jean-Pierre Fumagalli, Mitbegründer und Geschäftsführer von VillaCircle.

Managed Co-Ownership nennt sich das Konzept von VillaCircle sowie auch der Mitbewerber wie beispielsweise Everomes und Myne Homes, ebenfalls deutsche Anbieter von Miteigentum an Ferienhäusern. Der Käufer müsse sich fast um nichts kümmern, außer darum, den anteiligen Kaufpreis zu überweisen, heißt es. Alle anderen bei einem Immobilienkauf anfallenden und teilweise nervenzehrenden Aufgaben wie etwa die Gänge zum Anwalt oder zu Behörden übernehmen die Start-ups.

Zugang zu Millionenobjekten

Wobei man bei Everomes streng genommen nicht mehr von einem Start-up sprechen kann. Das Unternehmen, das in den vergangenen fünf Jahren in ganz Europa Luxus-Ferienimmobilien im Wert von 350 Millionen Euro entwickelt hat, ist gerade dabei, auf Mallorca Fuß zu fassen mit der Idee des Co-Ownership. Emanuel Kirchhoff, Mitgründer und Managing Director bei Everomes, berichtet der MZ, dass sein Unternehmen hier bereits eine niedrige zweistellige Anzahl Ferienhäuser an Interessenten vermittelt habe, die sich eben kein ganzes Haus, sondern nur einen Anteil daran sichern wollen. „Und da hat man dann plötzlich mit ein paar Hunderttausend Euro Zugang zu Immobilien, die mehrere Millionen Euro kosten“, erklärt Kirchhoff.

Everomes hat, genau wie VillaCircle oder Myne Homes, das Konzept der Miteigentümerschaft nicht neu erfunden. So oder so ähnlich funktioniert das Geschäft bereits seit mehr als 20 Jahren in den USA. Angefangen hatte alles im Skigebiet Vail in den Rocky Mountains. Dort waren bereits kurz vor der Jahrtausendwende die Ferienwohnungen so begehrt und die Preise in derart unerschwingliche Höhen geschossen, dass sich Unternehmen gründeten, die das Co-Ownership für Ferienimmobilien anboten. Inzwischen gibt es zahlreiche Anbieter, die Ferienwohnungen und -häuser in der Region anteilig verkaufen.

Und es sei ja auch nur vernünftig, gerade in begrenzten Territorien wie etwa Inseln oder Skigebieten, wo zudem noch die Hauptsaison auf wenige Monate beschränkt ist, ein Haus nicht komplett zu besitzen, findet der Mitbegründer von VillaCircle. „Viele Menschen kommen inzwischen auf uns zu, weil sie es aus ökologischen Gründen für nicht vertretbar halten, ein Zweithaus komplett allein zu besitzen und vielleicht nur sechs Wochen im Jahr dort zu sein“, erklärt Fumagalli.

Werbung mit Nachhaltigkeit

Die Miteigentümerschaft und dadurch bessere Auslastung der Häuser habe zudem einen weiteren positiven Aspekt für die Gemeinden, in denen die Häuser stehen. „Für die Orte ist es ja wichtig, dass die Immobilien nicht leer stehen, weil die Wirtschaft vor Ort auch von den Zweithausbesitzern lebt. Wenn es viele leere Häuser gibt, wie sollen dann die Betriebe dort überleben?“, fragt Fumagalli.

Auch Nachhaltigkeitsexperten sehen in dem Modell des Miteigentums an Ferienimmobilien einen begrüßenswerten Trend. So sagt etwa Daniel Wahl, Berater und Forscher an der Balearen-Universität (UIB): „Eine gemeinsame Nutzung von Ressourcen ergibt immer Sinn, gerade bei Immobilien, die einen Großteil des Jahres leer stehen, aber deren Bau eine enorme Wirkung auf die Landschaft hat.“ Positiv im Sinne der sozialen Gerechtigkeit sei auch der Aspekt, dass nun kleinere Ferienhäuser, die günstiger zu haben seien, für eine bescheidenere Mittelschicht erschwinglich seien. Wahl ist allerdings skeptisch, ob gerade die Zielgruppe, die hochpreisige Ferienimmobilien nachfragt, so stark von dem Modell Gebrauch machen wird, dass es tatsächlich zu einem nachhaltigen Effekt kommen könnte. „Die Menschen, die in dieser Liga spielen, sind ja eigentlich gar nicht darauf angewiesen zu teilen.“

Das sehen Jean-Pierre Fumagalli und Emanuel Kirchhoff anders. Sie berichten, gerade bei Luxusimmobilien komme das Co-Ownership immer mehr in Mode. „Die Leute kaufen sich ein Achtel oder ein Viertel einer Villa auf Mallorca, dann noch an der Cote d’Azur und vielleicht auch noch in Österreich in einem Skigebiet“, sagt Fumagalli.

VillaCircle und auch Everomes bieten schließlich nicht gerade bescheidene Häuschen an. Da kann ein Achtelanteil auch mal über 2,5 Millionen Euro kosten, wie etwa bei einer Villa in Camp de Mar, die Everomes auf der Website anpreist. „Diese Immobilie richtet sich natürlich an eine völlig andere Zielgruppe als diejenigen, die 300.000 Euro zur Verfügung haben, aber sehen, dass sie dafür keine Ferienwohnung auf Mallorca bekommen, die ihren Ansprüchen gerecht wird“, sagt Kirchhoff. Wer mehrere Millionen Euro für ein Achtel einer Immobilie ausgeben kann, halte sich häufig nicht mehr als zwei Wochen im Haus auf und sehe es vor allem als Investitionsobjekt.

Dass auch in Europa zusehends Interesse an dem hier noch recht neuen Sharing-Modell vorhanden ist, macht Fumagalli an den bereits 4.000 Kaufinteressenten fest, die sich in der Datenbank von VillaCircle angemeldet haben und detailliert angegeben haben, welche Immobilie sie suchen. Auch die Tatsache, dass es allein in Deutschland bereits drei Anbieter von Co-Ownership bei Ferienhäusern gibt, zeige den enorm wachsenden Markt. Und nicht zuletzt die Erfolgsstory des US-amerikanischen Pendants Pacaso, das ebenfalls erst vor gut einem Jahr gegründet wurde, inzwischen aber bereits mit einer Milliarde US-Dollar bewertet wird, gibt auch den Unternehmen in Europa Auftrieb.

Die Pandemie verändert die Nutzung

Der Branche hat die Corona-Pandemie in die Hände gespielt. Zum einen hat sich durch die Lockdowns in vielen Haushalten eine Menge Geld angesammelt, weil die Menschen es nicht ausgeben konnten. „Es gibt sehr viele Menschen in Deutschland, aber auch in Österreich oder in der Schweiz, die eine sechsstellige Summe zur Verfügung haben, die sie sofort investieren können“, hat Fumagalli beobachtet. Eine der Bedingungen bei der Investition ist nämlich, dass der Anteil komplett aus eigenen Mitteln bezahlt werden muss und keine Hypothek für die Immobilie aufgenommen werden darf.

Zum anderen haben viele Büroangestellte, aber auch Selbstständige oder Firmenchefs gemerkt, dass sie sehr wohl auch aus einem anderen Land arbeiten können. Der Homeoffice-Trend hat den Zweitwohnungsmarkt stark begünstigt. „Wir wünschten uns natürlich alle, dass es Corona nie gegeben hätte, aber die Nachfrage nach Immobilien hat sich durch die Pandemie deutlich gesteigert“, sagt Emanuel Kirchhoff von Everomes.

Nur bedingt freie Wahl

Im Falle von VillaCircle melden sich Interessenten in der Datenbank an und geben möglichst präzise ihre Vorlieben und Bedingungen an, die ihre Immobilie haben sollte – man kann sich sein Traumhaus nicht unbedingt selbst heraussuchen. Das Unternehmen stellt dann pro Immobilie einen Käuferpool zusammen, der möglichst heterogen aufgestellt sein und aus verschiedenen Regionen stammen sollte. So werden zum Beispiel nicht vier Hamburger Familien zusammen eine Immobilie kaufen können – stattdessen sollen sich infolge der unterschiedlichen Ferienzeiten in Deutschland auch die Vorlieben der Eigentümer bei der Belegung der Ferienimmobilie von allein unterscheiden.

Verschiedene Modelle

Die Häuser können sowohl bei Everomes als auch VillaCircle zu verschiedenen Anteilen erworben werden, die Spanne reicht von einem Achtel bis zur Hälfte. Die Anbieter gehen in Sachen Besitz unterschiedlich vor. VillaCircle setzt für jede Immobilie einen Treuhänder, etwa einen Steuerberater oder einen Wirtschaftsprüfer, als Geschäftsführer der Eigentümergemeinschaft ein. Der ist zuständig für die rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten wie etwa den Jahresabschluss mit Nebenkosten oder auch einer einmal im Jahr stattfindenden digitalen Eigentümerversammlung. VillaCircle selbst sieht sich dann eher als Hausmanagement-Anbieter, der sich um die Instandhaltung und die Reinigung kümmert.

Bei Everomes etwa sind die Miteigentümer der Immobilie Eigentümer einer Holding, die für jedes einzelne Ferienhaus gegründet wird. „Das hat unter anderem beim An- und Verkauf der Anteile steuerliche Vorteile“, erklärt Kirchhoff. Bei seinem Unternehmen können die Eigentümer in dem Zeitraum, der ihnen zustehen würde, auch vermieten, sollten sie nicht selbst anreisen wollen. Die Mietzahlungen fließen dabei nach Abzug einer Gebühr für Everomes an den Eigentümer. Bei VillaCircle ist eine Vermietung nicht vorgesehen.

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Ihre Dienste lassen sich die Unternehmen durchaus etwas kosten. Die Kaufpreise der Anteile an den Ferienvillen seien auch deshalb so hoch, weil darin bereits fast alle weiteren Kosten eingespeist sind, die anfallen, etwa für einen Notar oder auch eine Gebühr für die vermittelnde Firma, heißt es. Im Falle von VillaCircle sind auch die zwölf Prozent Provision für das Unternehmen inbegriffen. Auch die anderen Anbieter schlagen eine Provision auf den Verkaufspreis auf. Die Grunderwerbssteuer ist noch extra zu zahlen, wird aber natürlich auch durch die Anzahl der Käufer und deren Anteil geteilt.

Dass das Modell Miteigentum Zukunft haben könnte, darauf deutet auch die Tatsache hin, dass große Immobilienunternehmen bereits am Geschäft beteiligt sind. So arbeiten auf Mallorca etwa Everomes und Engel & Völkers zusammen. „Wir kooperieren an jedem Standort mit den zwei, drei wichtigsten Maklern“, sagt Kirchhoff. Womit der Immobilienmarkt auf Mallorca mit einem neuen Konzept noch ein Stückchen weiter wächst.