Könnten Sie sich vorstellen, 30 Jahre lang in einem Callcenter zu arbeiten? Um es vorweg zu nehmen: Mit Ihren Zweifeln sind Sie nicht allein. „Es gibt Unternehmen, die die Callcenter in Verruf gebracht haben“, weiß Axel Simon. Seit mehr als drei Jahrzehnten hält er tagtäglich den Hörer in der Hand, mit festem Willen und viel Geduld, wie er berichtet. Simon mag seinen Beruf, hat sich vom einfachen Agenten zum Callcenter-Leiter hochtelefoniert und arbeitet mittlerweile seit einigen Jahren auf der Insel. Große deutsche Callcenter sind auf der Insel Avedo und Gevekom sowie das Contact-Center der Tui. Sie suchen permanent nach neuen Mitarbeitern.

Aufgabenbereiche

Callcenter unterscheiden in ihrer Arbeit die Bereiche Inbound und Outbound. Beim Inbound werden Anrufe entgegengenommen. Zumeist haben Kunden ein konkretes Anliegen und benötigen Unterstützung. Mitarbeiter im Outbound-Bereich gehen dagegen aktiv auf Kunden zu, führen Umfragen durch, arbeiten im Auftrag von Meinungsforschungsinstituten oder möchten Produkte verkaufen. Die großen Callcenter auf Mallorca seien stärker im Inbound-Sektor tätig, sagt Axel Simon. Das bestätigt auch Frank Wegner von Gevekom. Am Standort Son Castelló sitzen die Mitarbeiter von Gevekom übrigens nicht nur am Hörer. Zahlreiche Anfragen werden auch schriftlich per Mail oder im Chat gestellt.

Voraussetzungen

Im Prinzip kann jeder, der fließend Deutsch spricht, im Callcenter eine Arbeit finden. „Wir sind hier sehr offen, bieten nicht nur erfahrenen Leuten die Möglichkeit. Bei uns in der Branche arbeitet alles, vom Arbeitslosen, der aus Deutschland auf die Insel kommt, bis hin zum ehemaligen Bankdirektor oder Bundeswehroffizier“, so die Einschätzung von Axel Simon. Einer weiteren Sprache mächtig zu sein, sei zwar von Vorteil, jedoch keinesfalls Voraussetzung.

Auch eine Ausbildung oder ein Studium sind nicht zwingend notwendig. Schulabsolventen haben demnach ebenfalls gute Chancen auf eine Stelle. Wichtig seien vielmehr die sogenannten Soft Skills aus. Ein gute Mischung aus Empathie, Kontaktfreudigkeit und lösungsorientiertem Denken wünscht sich etwa Personalleiter Frank Wegner. Es sei wichtig, dass man das Bedürfnis habe, dem Gegenüber, der gerade in einer schwierigen Situation ist, eine helfende Hand zu sein. „Man weiß natürlich nie so richtig, wer da an der anderen Leitung wartet“, räumt er ein.

Bewerbung

Hier ist Vorsicht geboten, „denn Callcenter ist nicht gleich Callcenter“, gibt Axel Simon zu bedenken. Die Branche rührt auch auf der Insel aktiv die Werbetrommel. Stellenanzeigen finden sich in der Presse und online auf Job-Portalen, der Homepage des jeweiligen Unternehmens oder in den sozialen Medien.

Nicht alle dieser Callcenter sind seriös. Laut Axel Simon gibt es ein paar Warnsignale. Gehälter jenseits der 2.000 Euro, Vorstellungsgespräche in einem Restaurant oder fehlende Versicherungsleistungen sollten einen stutzig machen. Seriöse Anlaufstellen für Bewerber sind neben den bereits erwähnten Callcentern Gevekom und Avedo auch das Contact-Center des Reisegiganten Tui. Hier kümmert man sich um Service- und Betreuungsdienstleistungen von Gästen, die im Urlaub unterwegs sind.

Arbeitsbedingungen

Head of People and Happiness – das ist die offizielle Berufsbezeichnung von Frank Wegner bei Gevekom. Letzteres soll dabei nicht zu kurz kommen. Neben verschiedenen Arbeitszeitmodellen gibt es Mitarbeiterausflüge und Familientage. Manchmal schwingt sogar der Chef selbst für seine Mitarbeiter den Kochlöffel. Auch Branchenkenner Simon berichtet von flexiblen Schichtsystemen und ordentlichen Sozialleistungen. Einmal im Unternehmen angekommen, habe man außerdem vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten.

Ein Arbeiten aus dem Homeoffice ist bei manchen Callcentern mittlerweile möglich. „Es gibt auch Leute, die arbeiten im Sommer in Deutschland und im Winter an der Playa de Palma“, führt Simon aus. Gleichermaßen profitiert die Branche von Saisonkräften, die im Sommer beispielsweise in der mallorquinischen Gastronomie tätig sind und im Winter ihren Lebensunterhalt am Telefon verdienen. Da fast alle Mitarbeiter in Callcentern Quereinsteiger sind, ist ein vielfältiges Arbeitsumfeld garantiert.

Doch trotz vieler Ideen, wie Mitarbeiter langfristig gebunden werden können, macht auch renommierten Callcentern die hohe Fluktuation zu schaffen. Ständiger Kundenkontakt, permanentes Bildschirmflimmern und teilweise sehr strikte zeitliche Vorgaben bei der Bearbeitung von Aufgaben sind für manche eine Belastung, der sie nicht lange standhalten wollen und können.

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Gehalt

Wer auf Mallorca in einem Callcenter arbeitet, bezieht mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Gehalt, das über dem Durchschnitt dessen liegt, was in anderen Branchen auf der Insel verdient wird. 1.271 Euro brutto bekam ein Neueinsteiger im Jahr 2019 bei Vollzeitbeschäftigung. Axel Simon schätzt, dass dieses Niveau stabil geblieben ist. Frank Wegner wollte sich nicht auf eine konkrete Zahl festlegen, mit der man bei Gevekom einsteigt. Je nach persönlicher Qualifikation könne das Gehalt variieren. „Für uns gilt ein Tarifvertrag, teilweise zahlen wir auch übertariflich“, sagt er.