So schnell kann's gehen: Die balearische Landesregierung hat das neue Tourismusgesetz am Freitag (11.2.) per Eildekret verabschiedet. Das gab Ministerpräsidentin Francina Armengol bei einer Pressekonferenz am Vormittag bekannt. Das Gesetz sollte noch am Freitagmittag im balearischen Gesetzesblatt BOIB veröffentlicht werden und ab seiner Veröffentlichung in Kraft sein.

Als wesentliche Maßnahme geht mit dem Gesetz einher, dass die touristische Bettenbörse in den kommenden vier Jahren eingefroren wird. Es werden also keine neuen Anträge angenommen. In den kommenden vier Jahren können die Inselräte eigene Pläne für die Vergabe von Gästebetten ausarbeiten. Sollte dies nicht passieren, erlöschen die bislang verfügbaren Plätze. Bereits gestellte Anträge werden noch bearbeitet. Für Hotels gilt noch eine weitere Verschärfung: Wer ab jetzt renovieren möchte, muss dafür fünf Prozent seiner bisherigen Gästebetten aufgeben.

Ziel der Maßnahme sei es, die Qualität statt der Quantität im Tourismus zu erhöhen, sagte Armengol. "Es gibt eine gesellschaftliche Debatte um die Zukunft des Tourismus. Wir haben die wirtschaftlichen Anliegen der Unternehmer im Fokus, müssen aber auch die Sozialverträglichkeit beachten."

Positive Reaktion von Hotelies, verhaltene Opposition

Der Hoteliersverband Fehm zeigte sich in einer ersten Stellungnahme positiv gegenüber den neuen Maßnahmen. Das neue Gesetz sei "ehrgeizig" und nach "intensiven Verhandlungen" zustande gekommen. Es sei Aufgabe der Hoteliers "mehr an Qualität als an Quantität zu wachsen." Die Verbandsvorsitzende Maria Frontera betonte aber, die Ziele seien nur mit weitreichenden Investitionen in Ausbildung und Digitalisierung umsetzbar.

Die führende Oppositionspartei, die konservative PP, bewertete das Gesetz vom Grunde her positiv. Dass es als Eildekret beschlossen wurde und nicht den parlamentarischen Weg gegangen sei, bezeichnete die Partei allerdings als "beschämend". Der Verband der Ferienvermieter Habtur hingegen äußerte sich empört. Die Einfrierung der Gästebetten sei ein Affront und ein Mangel an Respekt gegenüber dem Sektor.

Kreislaufmodell als Leitgedanke

Francina Armengol legte den Fokus zudem auf die Einführung der Kreislaufwirtschaft im Tourismussektor. Touristische Betriebe sollen innerhalb eines Jahres einen Plan für die kommenden fünf Jahre ausarbeiten, um ein Kreislaufmodell umzusetzen. "Uns ist bewusst, dass wir den Betrieben viele Investitionen abverlangen. Und das, nachdem sie eine sehr schwere Zeit gehabt haben", sagte Armengol in Bezug auf die Pandemie. Die Ministerpräsidentin kündigte an, die Unternehmen mit 60 Millionen Euro aus EU-Hilfsfonds und öffentlichen Geldern zu unterstützen.

Umweltminister Miquel Mir sagte, mit dem neuen Gesetz böten sich dem Tourismus große Chancen, Aspekte wie den Wasserverbrauch und das Müllaufkommen zu reduzieren. "Erstmals wird per Gesetz definiert, was überhaupt Kreislaufwirtschaft bedeutet. Und dass alle Beteiligten verstehen, wie dies umzusetzen ist." Zudem müsse das Konzept auf allen Ebenen und in allen touristischen Etablissements umgesetzt werden. "Es geht um vier wesentliche Themen: Wasser, Herkunft der Lebensmittel, Energieverbrauch und Müllaufkommen."

Zusammenarbeit mit der Universität

Auch Tourismusminister Iago Negueruela nahm Bezug auf das geplante Kreislaufmodell und hob UIB-Professor Toni Riera heraus, auf dessen Ideen das Modell beruht. Seit 2017 stehe die Balearen-Regierung im Austausch mit Riera, um an dem Konzept zu feilen. Wichtig sei daneben, beständig die Qualität in der Branche zu erhöhen und nicht die Zahl der Urlauber.

Dazu gehört für die Balearen-Regierung beispielsweise auch, den Exzessen ein Ende zu machen. Negueruela sagte, es solle künftig keine Automaten mehr mit alkoholischen Getränken in All-inclusive-Unterkünften geben. Alkoholische Getränke müssten von Angestellten der Hotels oder der Gastronomie serviert werden, und zwar in allen Urlaubsorten, nicht nur in den besonders für Sauftourismus anfälligen Gegenden, wie etwa der Playa de Palma oder Magaluf.

Austausch von Heizungen

Die Tourismusunternehmen müssten nun eine Analyse dieser Themen im eigenen Haus erstellen und daraufhin Verbesserungsvorschläge erarbeiten. Die Unternehmen, die eine erfolgreiche Umsetzung schaffen, sollen nach einer unabhängigen Prüfung ein Siegel bekommen. Ein Aspekt, der umzusetzen ist, ist etwa der Wechsel von Ölheizungen zu umweltfreundlicheren Alternativen. Gelten sollen diese nicht nur für Hotels, sondern auch für Häuser und Wohnungen in der Ferienvermietung. Gefördert werden soll auch der Konsum lokaler Produkte bei der Verköstigung der Hotelgäste. Auch soll verstärkt geprüft werden, dass in den Restaurants keine bedrohten Arten auf den Tisch kommen.

In Richtung Wachstumsstopp im Tourismus soll auch eine weitere Regelung gehen, wie das "Diario de Mallorca" berichtet. Bestehende Hotels sollen ihre bebaute Fläche um 15 Prozent vergrößern dürfen, wenn sie im Gegenzug auf fünf Prozent ihrer Betten verzichten. So können die Gemeinschaftsflächen vergrößert werden, die Urlauber haben also mehr Platz zur Verfügung.

Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Tourismus. Vizeministerpräsident Pedro Yllanes sagte bei der Pressekonferenz, man wolle die prekären Arbeitsverhältnisse abschaffen. Er nahm auch Bezug auf die erst am Mittwoch (9.2.) von der spanischen Zentralregierung beschlossene Erhöhung des Mindestlohns auf 1.000 Euro. Davon würden viele Arbeiter auf den Balearen profitieren.

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Einige der geplanten Regelungen in der Hinsicht waren bereits seit Anfang des Jahres durchgesickert. Für Aufsehen sorgte vor allem die Ankündigung der Politik, die Hoteliers dazu zu verpflichten, ab 2023 nach und nach in einem Zeitraum von sechs Jahren die Hotelzimmer mit höhenverstellbaren Betten auszustatten, damit die Zimmermädchen sich nicht mehr so tief bücken müssen. Vertreterinnen der Zimmermädchen begrüßten die Erfüllung dieser langjährigen Forderung, wiesen aber gleichzeitig darauf hin, dass es auch darum gehen müsse, die Arbeitsbelastung in den Hotels zu verringern. /jk/pss