Wahlen auf Mallorca: Ein Deutscher kümmert sich nun im Gemeinderat um das Wohl von Cala Ratjada

Yannick Wilken zieht für Més per Mallorca hat von Listenplatz 5 aus den Sprung ins Rathaus geschafft. Der 24-Jährige kam als Kleinkind auf die Insel

Geht gut gelaunt an seine neue Aufgabe heran: Yannick Wilken.

Geht gut gelaunt an seine neue Aufgabe heran: Yannick Wilken. / Johannes Krayer

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Es ist ja nicht so, dass Yannick Wilken sich momentan langweilt. Mit seinen 24 Jahren steckt der in Hannover geborene Musiker mitten in einem Saxofon-Studium am Konservatorium in Palma und absolviert dort eine Zusatzausbildung als Orchesterdirigent, daneben spielt und singt er in zwei Bands, arbeitet in der Firma seines Vaters – und wird ab dem 17. Juni auch noch Gemeinderat in Capdepera sein.

„Momentan habe ich noch keine Ahnung, wie ich das alles unter einen Hut bringen werde“, sagt Wilken beim Redaktionsbesuch in der MZ drei Tage nach der Wahl. Dass er von seinem Listenplatz 5 bei der links-ökologischen Regionalpartei Més per Mallorca tatsächlich in den Gemeinderat gewählt werden würde, damit konnte Wilken nicht unbedingt rechnen. Més hat sein Ergebnis in der Gemeinde im Vergleich zu vor fünf Jahren verbessert und stellt im neuen Plenum fünf statt bisher vier Gemeinderäte.

"Menschen im Ort wollten Wechsel"

„Wir haben schon gemerkt, dass die Menschen im Ort einen Wechsel wollten. Nach drei Amtszeiten von Rafael Fernández (Sozialist, d. Red.) ist vieles nicht mehr so gut gelaufen“, sagt Wilken. Speziell in der Kulturbranche und der Gastronomie habe die Corona-Pandemie viel Schaden angerichtet, ein Entgegenkommen habe es von Gemeindeseite aber nicht gegeben. „Im Gegenteil, das Rathaus hat die Auflagen immer mehr verschärft.“ Hier einen Wandel herbeizuführen, sieht Wilken als seine Aufgabe an.

Der 24-Jährige gibt offen zu, dass er bisher so gut wie keine politische Erfahrung vorzuweisen hat. Nuria García, Spitzenkandidatin für Més in Capdepera, hatte ihn gefragt, ob er sich aufstellen lassen wolle, er sagte sofort zu. „Wenn ich in die Politik gehe, dann mit Més“, so Wilken drei Tage nach der Wahl. Die Partei ist neben ihrer ökologischen Ausrichtung vor allem darauf bedacht, die mallorquinische Sprache und Kultur zu fördern.

Nahezu akzentfreies Deutsch und breitestes mallorquí

Und wenn man Yannick Wilken so zuhört, verwundert es nicht, dass er sich in diesem Umfeld zu Hause fühlt. Immer wieder gleitet sein an sich fast akzent- und fehlerfreies Deutsch in ein breites mallorquí del poble ab – also ein Mallorquinisch, wie man es auf dem Dorf spricht. „Ich fühle mich auf jeden Fall eher als Mallorquiner als als Deutscher.“

Bereits seine Großeltern hatten eine Immobilie in Cala Ratjada, seine Eltern wanderten auf die Insel aus, als Yannick Wilken noch keine zwei Jahre alt war. Zu Hause mit seinen Eltern sprach er Deutsch, in der Schule, der Musikschule und im Dorf fast ausschließlich Mallorquinisch.

Wilken arbeitet in einer Fincaverwaltung

Als seine Eltern sich trennten und die Mutter zurück nach Deutschland zog, blieb Yannick Wilken bei seinem Vater auf der Insel und arbeitete schon früh in dessen Firma mit, die sich um die Betreuung von Fincas kümmert. Auch deshalb steht der 24-Jährige anders als viele in seiner Partei dem Tourismus nicht unbedingt kritisch gegenüber.

„Wir sind aber an einem Punkt angekommen, an dem nicht mehr alles geht“, sagt Wilken. Gerade in Cala Ratjada und der Cala Agulla müsse der Partytourismus eingedämmt werden. Das wird ein weiterer Punkt auf der politischen Agenda des gebürtigen Niedersachsen sein.

Ob Wilken in der Gemeinderegierung oder der Opposition landen wird, ist noch offen. In Capdepera haben sowohl Més als auch die Sozialisten und die Volkspartei PP je fünf Gemeinderäte erobert. Eine Koalition ist unumgänglich. „Und sowohl wir als auch die PP sind uns sicher, dass wir nicht mit den Sozialisten zusammengehen wollen“, sagt Wilken. Gibt es vielleicht ein konservativ-grünes Bündnis? „Die Unterschiede beider Parteien sind schon groß, aber wir werden sehen.“

Weitere deutsche Gemeinderäte

Wilken ist nicht der einzige deutsche Name, der in der Liste der neuen Gemeinderäte auf Mallorca auftaucht. Seine Parteikollegin Alice Weber ist erwartungsgemäß in Inca wieder in den Stadtrat eingezogen. Més holte in Inca diesmal wie beim letzten Mal zwei Gemeinderäte und wird voraussichtlich erneut mit den Sozialisten unter Bürgermeister Virgilio Moreno die Stadt regieren.

Neu dabei ist in Llucmajor Claudia Fallemann Stupp. Im Internet findet sich ein Lebenslauf der Kandidatin der Ortspartei s’Ull (s’Arenal y Urbanizaciones de Llucmajor), aus dem hervorgeht, dass Deutsch zwar ihre Muttersprache ist, sie aber die spanische Staatsangehörigkeit hat.

Die ausgebildete Lehrerin lebte lange Zeit in Argentinien und kam 2002 nach Llucmajor, wo sie zunächst als Deutsch-Übersetzerin arbeitete. Fallemann zieht von Listenplatz 2 aus neben dem streitlustigen und bereits wegen Korruption zu einer Haftstrafe verurteilten Spitzenkandidaten Joaquín Rabasco in den Gemeinderat ein.

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