Für immer auf der vielleicht schönsten Insel der Welt leben – wer möchte das nicht? Aber vor der Entscheidung, Deutschland endgültig oder auch nur vorübergehend den Rücken zu kehren, sollte doch einiges bedacht werden. Die Diskussion um das Modelo 720 der spanischen Steuerbehörden, das alle Ausländer mit Vermögen und Lebensmittelpunkt in Spanien betrifft, gibt Anlass, noch einmal das Für und Wider durchzugehen, wie auch die Fallbeispiele hier zeigen.

Rechtlich macht es einen großen Unterschied, ob Sie mit Ihrer Entscheidung für Mallorca Ihre Zelte in Deutschland ganz abbrechen wollen, oder ob Sie auch in Deutschland einen Wohnsitz beibehalten. Denn es hat ganz unterschiedliche Rechtsfolgen, wo Sie Ihren tatsächlichen Lebensmittelpunkt haben. Der Lebensmittelpunkt liegt – etwas vereinfacht gesagt – immer erst dann auf Mallorca, wenn Sie sich dort mehr als 183 Tage im Jahr aufhalten. Dann gelten für Sie besondere Regeln im Erbrecht, Steuerrecht, Krankenversicherungs- und Rentenrecht.

Wer ist Resident?

Wer auf Mallorca eine feste Bleibe hat, wird im allgemeinen Sprachgebrauch als Resident bezeichnet. Das ist aber keine juristisch eindeutige Bezeichnung, denn sie sagt nichts über den am Ende rechtlich allein entscheidenden Lebensmittelpunkt aus. Der Resident hat in der Regel von seiner Verpflichtung Gebrauch gemacht, sich bei seiner zuständigen Gemeinde anzumelden (Empadronamiento) und sich spätestens nach drei Monaten ausländerpolizeilich registrieren zu lassen (Registro). Damit ist er seinen melderechtlichen Verpflichtungen vollauf nachgekommen. Im rechtlichen Sinn ist damit aber allenfalls ein erster Anschein geschaffen für den Lebensmittelpunkt – im juristischen Sinne festgelegt ist noch gar nichts!

Es soll nicht verschwiegen werden, dass der wohl größte Teil der deutschen Residenten schon den registrierten Status zu vermeiden sucht. Man lässt sich nicht registrieren und versucht so, „unter dem Schirm“ der Behörden als Quasi-Tourist auf der Insel zu leben. Meist geht es auch lange Zeit gut – empfehlen möchte ich das aber keinesfalls. Abgesehen davon, dass die Insel ihre staatlichen Zuweisungen nach der Zahl der registrierten Bürger erhält, kann es gerade im Steuer- und Erbrecht ein böses Erwachen geben, wenn die Behörden eines Tages dann doch feststellen, dass der deutsche „Tourist“ oder Resident, der angeblich nur gelegentlich auf der Insel weilt, in Wahrheit schon lange seinen Lebensmittelpunkt dort hat. Bedenken Sie: Die Steuerbehörden in Deutschland und Spanien gleichen inzwischen bekanntlich ihre Daten ab.

Prüfen Sie also genau, ob Sie die 183 Tage im Jahr auf Mallorca überschreiten – dann haben Sie im Zweifel Ihren Lebensmittelpunkt auf der Insel! Wollen Sie die Konsequenzen nicht, die damit verbunden sind, dokumentieren Sie Ihre Flüge nach Deutschland, um gegebenenfalls nachweisen zu können, dass Sie überwiegend in Deutschland leben! Die Finanzämter in Spanien sind inzwischen recht findig geworden und prüfen zum Beispiel gern auch Ihre Stromrechnung, um die Dauer Ihres Aufenthalts zu ermitteln.

Mallorca für immer?

Eine große Frage, die sich stellt, ist die, ob die Entscheidung für Ihre neue Heimat auf Mallorca für immer gelten soll, oder ob Sie – zum Beispiel im höheren Alter oder bei Pflegebedürftigkeit – wieder zurück nach Deutschland gehen wollen. Sie werden vielleicht sagen: Das sehen wir später. Aber:

Wenn Sie auf jeden Fall auf der Insel bleiben wollen, sollten Sie Folgendes bedenken: Haben Sie Sprachkenntnisse, um gegebenenfalls auch mit spanischem oder mallorquinischem Klinik- und Pflegepersonal sprechen zu können? Denken Sie auch an den Fall, dass Ihr Partner nicht helfen kann oder verstorben ist? Könnten Sie bei Pflegebedürftigkeit eine Pflegekraft oder eine deutschsprachige Einrichtung auf Mallorca bezahlen? Gibt es Nachbarschaftshilfe, in der Sie sich engagieren können? Kennen Sie die Standards der staatlichen Kranken- und Pflegeeinrichtungen, und können Sie sich vorstellen, damit im Notfall zurechtzukommen?

Wenn Sie denken, im Alter oder bei Pflegebedürftigkeit nach Deutschland zurückzukehren, ist mein Rat: Pflegen Sie Ihre Kontakte in die deutsche Heimat, insbesondere zu Kindern und anderen Verwandten! Denken Sie daran, den Zeitpunkt für eine Rückkehr rechtzeitig zu wählen und nicht erst, wenn die Not es gebietet!

Was sind die Vor- und Nachteile des jeweiligen Lebensmittelpunktes?

Alle wichtigen Rechtsfolgen sind an Ihren persönlichen Lebensmittelpunkt geknüpft, also die Frage der 183-Tage-Regel. Hier nun eine kleine Übersicht über die wichtigsten Vor- und Nachteile des Lebensmittelpunktes in Deutschland oder in Spanien:

Vorteile des Lebensmittelpunktes in Deutschland:

Sie sind in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Das ist ein Vorteil, denn Sie erhalten zum Beispiel Kinder- und Altersfreibeträge, unterliegen nur deutscher Rentensteuer, und zahlen deutsche Erbschaftsteuer für deutsches Vermögen. Es gilt deutsches Erbrecht, auch wenn Sie dafür keine testamentarische Wahl getroffen haben – wichtig, weil spanisches Erbrecht für den Ehepartner sehr ungünstig ist. Sie haben gegebenenfalls Anspruch auf deutsches Kindergeld – spanisches Kindergeld ist äußerst marginal. Sie können sich von Ihrer deutschen gesetzlichen Krankenkasse spanische Privatarztrechnungen anteilig erstatten lassen – für viele der wichtigste Gesichtspunkt, trotz des Lebensmittelpunkts auf Mallorca behördlich „unter dem Schirm“ verborgen zu bleiben. Ihr Auto bleibt in Deutschland zugelassen.

Nachteile des Lebensmittelpunktes in Deutschland:

Im Krankheitsfall haben Sie mit Ihrer deutschen Gesundheitskarte mit EHIC-Aufdruck durch spanische Ärzte und Kliniken im staatlichen Gesundheitsdienst nur Anspruch auf kostenlose Basisbehandlung (nur „sofort notwendige Behandlung“) – ein Nachteil, weil es gute spanische Kliniken gibt und Sie zum Beispiel für die neue Hüfte nach Deutschland reisen müssten. Behördliche Zustellungen, Zahlungsfristen, Vorladungen sind an Ihre deutsche Anschrift wirksam, auch wenn Sie wegen Abwesenheit keine Kenntnis davon haben können. Eventuell teure Steuernachforderungen, wenn Ihr wahrer Lebensmittelpunkt auf Mallorca ermittelt wird.

Vorteile des Lebensmittelpunktes in Spanien:

Recht auf volle und für Sie kostenlose Heilbehandlung im Krankheitsfall durch den staatlichen Gesundheitsdienst mit der SIP-Karte, der „Tarjeta Sanitaria“ (zu beantragen mit dem Formular E 121 oder S 1 aus Deutschland im spanischen Gesundheitszentrum). Nach zehn Jahren und Bedürftigkeit Anspruch auf die spanische Mindestrente. Ermäßigungen bei Reisen von den spanischen Inseln zum spanischen Festland und zwischen den Inseln um 75 Prozent – das haben Sie allerdings auch schon mit der Anmeldung und Registrierung.

Nachteile des Lebensmittelpunktes in Spanien:

Sie können Privatarztrechnungen nicht bei der deutschen Krankenkasse einreichen. Sie unterliegen spanischem Steuerrecht, auch für deutsche Betriebsrenten und andere Alterseinnahmen.

Das gilt allerdings auch umgekehrt, sodass bei Lebensmittelpunkt in Deutschland ebenfalls das gesamte in beiden Staaten belegene Vermögen und Einkommen zu versteuern ist. Man hat also immer mit beiden Staaten zu tun, wenn man in beiden Ländern Besitz und Einnahmen hat. Nur die Steuersätze unterscheiden sich – zum Teil sogar beträchtlich. Auch wenn das alte Modelo 720 nicht mehr angewendet werden darf und gegenwärtig überarbeitet wird – die MZ berichtete über die Kritik des Europäischen Gerichtshofes –, bleiben die Meldeformalitäten doch zumindest lästig.

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Spanische Erbschaftsteuer ist auf das gesamte, in Deutschland und Spanien befindliche Vermögen zu zahlen. Das gilt allerdings auch umgekehrt, sodass bei einem Lebensmittelpunkt in Deutschland ebenfalls das gesamte in beiden Staaten belegene vererbte Vermögen zu versteuern ist. Sie verlieren aber unter Umständen die hohen deutschen Steuerfreibeträge für nahe Verwandte, weil Sie in Deutschland nur noch beschränkt steuerpflichtig sind. Wie groß der Nachteil ist, kann nur im Einzelfall festgestellt werden. Wer ab 2015 erstmals eine deutsche Rente bezieht, ist in Spanien und in Deutschland steuerpflichtig – das bedeutet Steuererklärungen in beiden Staaten. Es gilt das spanische Erbrecht, wenn im Testament nicht ausdrücklich deutsches Recht gewählt wurde – mit der Folge der Begünstigung der Kinder gegenüber dem Ehepartner. Spanische Autozulassung, spanisches Führerscheinrecht: Umtausch in ein spanisches Dokument nach zwei Jahren Aufenthalt und regelmäßigen Eignungsuntersuchungen alle zehn Jahre, ab dem 65. Lebensjahr alle fünf Jahre.

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