MZ-Analyse: So geht Mallorca politisch und wirtschaftlich in die Tourismussaison 2023

Mehr Buchungen, höhere Preise und eine Kontroverse Tourismus-Debatte vor den Wahlen im Mai: Das sind die Aussichten für das Mallorca-Jahr

Ab Ostern ist hier wieder voller Betrieb: ankommende und abreisende Urlauber am Terminal von Palmas Flughafen Son Sant Joan.

Ab Ostern ist hier wieder voller Betrieb: ankommende und abreisende Urlauber am Terminal von Palmas Flughafen Son Sant Joan. / Clara Margais / dpa

Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Neue Saison, neue Herausforderungen. Stand das Jahr 2022 ganz im Zeichen der wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Pandemie, geht es in der Saison 2023 für die Insel darum, sich im schwierigen Umfeld wirtschaftlicher und politischer Unwägbarkeiten zu behaupten – die Stichworte lauten Ukraine-Krieg und Inflation. Und dann stehen auf den Balearen auch noch Wahlen an, bei denen der Tourismus mit seinen wirtschaftlichen wie ökologischen Aspekten eine zentrale Rolle spielt.

Auch angesichts der Schnelligkeit, mit der sich Mallorcas Urlauberbranche vom wirtschaftlichen Schlag der Pandemie erholt hat, kann sich die Insel in Optimismus üben. Trotz der Unwägbarkeiten zu Beginn des vergangenen Jahres erreichten die Balearen Besucherzahlen, die mit dem Vor-Corona-Jahr 2019 praktisch gleichauf lagen – und nur rund 75.000 unter dem Allzeitrekord von 2018 blieben. Knapp 16,5 Millionen Urlauber kamen auf die Inseln, davon 4,3 Millionen aus Deutschland. Der leichte Rückgang von fünf Prozent bei den Bundesbürgern wurde durch ein Plus bei den Besuchern vom spanischen Festland ausgeglichen.

Selbst der besonders gebeutelte Tagungstourismus erlebte einen Höhenflug: Palmas Kongresszentrum fuhr das beste Ergebnis seiner fünfjährigen Geschichte ein. Und auch die Ausgaben der Urlauber legten mit 4,9 Prozent deutlich zu – wobei die 2022 einsetzende Inflation die Interpretation der Zahlen erschwert.

Unternehmen legen gestiegene Kosten auf Mallorca-Urlauber um

Klar ist: Mallorca-Urlauber müssen für die Reisekasse 2023 deutlich mehr Geld einkalkulieren. Die Corona-Schnäppchen sind lange passé, die gestiegenen Kosten in der gesamten Lieferkette werden nach und nach auf die Gäste umgelegt, die Investitionen in die Modernisierung und den neuen Luxus müssen amortisiert werden, und auch die Airlines sind nach dem Pandemie-Ausnahmezustand auf höhere Einnahmen angewiesen. Von gar um 33 Prozent gestiegenen Preisen in Hotels, Restaurants und bei Flügen spricht denn auch Juan Ferrer, Chef der Qualitätsoffensive Palma Beach an der Playa de Palma.

Ein Kostenfaktor sind zudem die steigenden Gehälter in der Tourismusbranche. Nach einer Einigung der Tarifpartner in der Hotel- und Gaststättenbranche, die dank der Vermittlung der Landesregierung im Januar zustande kam, gibt es nun Planungssicherheit: Die Gehälter steigen in diesem und im kommenden Jahr um insgesamt 8,3 Prozent, ein Plus, auf das sich die Hoteliers nach Monaten mit hohen Inflationsraten und angesichts der guten Aussichten auf die Saison ruhigen Gewissens einließen.

"Das haben wir wieder gut hingekriegt, Iago": Ministerpräsidentin Francina Armengol mit Arbeitsminister Iago Negueruela. Vorne Maria Frontera von der Hoteliersvereinigung Fehm.

"Das haben wir wieder gut hingekriegt, Iago": Ministerpräsidentin Francina Armengol mit Arbeitsminister Iago Negueruela. Vorne Maria Frontera von der Hoteliersvereinigung Fehm. / CAIB

Der Tarifvertrag hat einmal mehr das gute Standing von Tourismus- und Arbeitsminister Iago Negueruela in der Urlauberbranche gezeigt. Der Sozialist, starker Mann in der Linksregierung von Ministerpräsidentin Francina Armengol, gilt als gut vernetzter, routinierter Vermittler und macht es der oppositionellen Volkspartei (PP) nicht leicht, bei den Hoteliers mit eigenen Vorschlägen zu punkten, obwohl diese mehrheitlich als den Konservativen gewogen gelten.

Tourismuspolitik sorgt für Spannungen in der Linkskoalition auf den Balearen

Gleichzeitig ist es der Linksregierung immer weniger gelungen, die verschiedenen Sensibilitäten der Koalitionäre in der Tourismuspolitik unter einen Hut zu bekommen. Die beiden Juniorpartner Més per Mallorca und Podemos sind unzufrieden mit den Initiativen für mehr Nachhaltigkeit im Urlaubergeschäft. Das Limit für die Zahl der Kreuzfahrtschiffe in Palma – maximal drei pro Tag – oder der langfristige Plan, die Zahl der Gästebetten auf den Balearen zu reduzieren, gehen speziell der tourismuskritischen Regionalpartei Més per Mallorca nicht weit genug.

Ohne Erfolg versuchten die Juniorpartner gegen die Sozialisten eine Erhöhung der Touristensteuer auf den Balearen durchzusetzen. Die Abgabe bleibt auch 2023 unverändert. Ein Abkommen mit dem Fußballclub Real Mallorca, in dem es unter anderem um den Stadionnamen „Visit Mallorca“ geht, hatte gar eine handfeste Krise im Inselrat zur Folge.

Im Mai wird auf Mallorca gewählt

Diese Misstöne innerhalb der Linksregierung sind eine Steilvorlage für PP-Spitzenkandidatin Marga Prohens, die bei den Regionalwahlen im Mai Francina Armengol im Amt ablösen will: Sie wirft der Linksregierung vor, nicht wirklich hinter der wichtigsten Wirtschaftsbranche der Insel zu stehen, sie bei den nötigen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur im Stich zu lassen und die Besucherströme nicht richtig zu organisieren. Die Overtourism-Debatte, das sei in Wahrheit ein Management-Problem, so die Lesart der Volkspartei.

Beim Thema Mobilität geht es voran

Zumindest bei den Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr ist in den vergangenen Jahren einiges passiert, auch wenn Urlauber davon nur zum Teil profitieren – die mindestens bis Jahresende festgeschriebene Kostenfreiheit in Bus und Bahn etwa gilt nur für Residenten, das massiv erweiterte öffentliche Radleihsystem Bicipalma ist derzeit noch nicht für Urlauber nutzbar.

Immerhin profitieren Mallorca-Besucher von einer modernen Flotte an Überlandbussen, speziell den Aerotib-Bussen, die vom Flughafen aus direkt die Ferienorte an der Küste anfahren. Und der Bau der Straßenbahnlinie zwischen Palma-Zentrum und Airport soll noch in diesem Jahr öffentlich ausgeschrieben werden – wenn denn nicht der Ausgang der Regionalwahlen Änderungen zur Folge hat.

Eine Baustelle ist zudem noch die Frage der Taxi-Lizenzen. Da sie bislang an die Gemeinden gebunden sind und es keine einheitliche App für die Branche gibt – und auch keine Konkurrenz durch Uber oder Cabify –, kam es im vergangenen Jahr immer wieder zu Engpässen und Warteschlangen.

Ostern ist die erste Bewährungsprobe für die Saison 2023 auf Mallorca

Eine Bewährungsprobe dafür, wie rund der Tourismus läuft, sowie ein Vorgeschmack auf die Saison 2023 werden die Osterferien Anfang April sein, gut einen Monat vor den Regionalwahlen am 28. Mai. Nach den besonders kurzfristigen Buchungen im vergangenen Jahr infolge von Corona werde in diesem Jahr wieder stärker vorab reserviert, heißt es in der Branche.

Und da ab Ende März auch das Flugangebot zunehme, sollen bis Ende April bereits knapp 90 Prozent der Hotels auf Mallorca am Start sein, im Mai dann praktisch alle. Man rechne mit einem Wachstum aller Quellmärkte, auch gerade des deutschen, heißt es beim Inselrat. Tastete sich Mallorca 2022 vorsichtig an die Saison heran, nimmt die Insel dieses Jahr ordentlich Anlauf.

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