Chaos dort, (zumeist) reibungsloser Ablauf hier: Wer in der Hochsaison zwischen Deutschland und Mallorca hin- und herfliegt, erlebt eine Welt der Gegensätze. Während in Deutschland an einigen Flughäfen die Fluggäste stundenlang an der Sicherheitskontrolle anstehen müssen, klappt es in Son Sant Joan trotz Urlaubermassen nach der Pandemie meistens wie am Schnürchen.

Das bestätigen zahlreiche Leserinnen und Leser auf Facebook. „Ich kann den Flughafen auf Mallorca nur loben. War Februar, April, Mai, Juni und Juli auf Mallorca (…), das Einchecken und die Sicherheitskontrolle und auch das Kofferband haben immer toll geklappt“, schreibt eine Leserin. Mehrere Vielflieger bestätigen den Eindruck der Passagierin. Eine andere Leserin schreibt: „Alles sehr relaxed und super organisiert! Schalter fünf Minuten, Sicherheitskontrolle fünf Minuten.“

Weniger Personalsorgen

Auch diejenigen, die am Flughafen arbeiten oder sich im Dunstkreis von Son Sant Joan bewegen, beobachten einen meist reibungslosen Ablauf. Mit der Hauptgrund dürfte sein, dass es in Palma – und an spanischen Flughäfen generell – ausreichend Personal gibt, gerade auch im Vergleich zu Deutschland. Im Zuge der Corona-Krise haben dort viele Beschäftigte die Branche gewechselt, oder die Stellen wurden abgebaut. Allein in Frankfurt hat der Flughafenbetreiber Fraport 4.000 Stellen in der Pandemie gestrichen.

In Spanien wurden die Menschen in Kurzarbeit geschickt und behielten vielfach ihren Job. Man habe sie einfach wieder anrufen können, als das Passagieraufkommen im Frühjahr beinahe explosionsartig anwuchs, berichtet eine Sprecherin des Flughafenbetreibers Aena. Das bestätigt auch Martin Rinker, der Stationsleiter von Eurowings in Son Sant Joan. „Es gibt in allen Bereichen genügend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Flughafen Palma hat keine Personalengpässe.“

Auch Aage Dünhaupt, Sprecher der Airline Tuifly, und Álvaro Middelmann, früherer AirBerlin-Chef auf der Insel und heute Berater in der Branche, erklären die günstige Personalsituation vor allem mit den Kurzarbeitsregelungen in Spanien während der Pandemie.

Rafael Bohórquez von der Gewerkschaft USO sieht die Sache etwas anders. Nach seinem Geschmack könnten die Firmen besser besetzt sein. „Jedes Unternehmen, das am Flughafen tätig ist, sucht gerade noch Leute. Es gibt viele offene Stellen.“

Dennoch streitet auch der Gewerkschafter nicht ab, dass es am Airport Palma im Vergleich zu vielen anderen Flughäfen recht rund läuft. Ein wichtiger Grund für die relativ entspannte Personalsituation sei auch der neue Tarifvertrag für die in der Luftfahrtbranche Beschäftigten, der deutliche Gehaltszuwächse in den kommenden Jahren vorsieht und in Kürze in Kraft treten soll. „Das führt dazu, dass die Jobs am Flughafen endlich attraktiver werden.“

Rechtzeitige Saisonvorbereitung

Am Flughafen von Palma ist man die Urlaubermassen im Sommer gewohnt – und bereitet sich langfristiger als in Deutschland auf den Ansturm vor, so die Experten. Es sei klar gewesen, dass nach Corona in diesem Jahr alle Dämme brächen, sagt Martin Rinker. „Die Saison auf Mallorca wird im Januar vorbereitet. Dann fragt Aena bei den Airlines unter anderem nach, wie viele Flüge im Sommerflugplan vorgesehen sind und wie viele Parkpositionen benötigt werden.“

Anhand dieser Angaben stellen Aena und die Handling-Firmen dann Personal für den Sommer ein. Álvaro Middelmann bestätigt: „In Palma hat man das viel besser geplant.“ Die deutschen Flughäfen seien da viel zu spät aktiv geworden.

Check-in-Schalter

Zwar gibt es auch in Palma teils längere Schlangen bei der Gepäckabgabe, dennoch geht die Abfertigung recht schnell. Das liegt laut Martin Rinker daran, dass es genügend geöffnete Schalter gibt. „Wir haben teilweise in Palma 40 Schalter besetzt, zudem gibt es die sogenannten Floor Walker, die die Leute ohne Zeitverzögerung zum nächsten freien Mitarbeiter leiten.“ In Köln beispielsweise seien manchmal nur drei Schalter geöffnet, weil das Personal fehle.

Bei kleineren Airlines kann es allerdings auch auf Mallorca beim Check-in zu längeren Wartezeiten kommen. Das berichtet Olaf Sarbok, der Stationsrepräsentant der Tuifly in Palma. „Wir haben manchmal keine Möglichkeit, weitere Schalter zu öffnen, weil es keine freien mehr gibt“, sagt er. Das Personal dafür sei aber vorhanden.

Sicherheitskontrolle

Auch hier läuft es im Vergleich zu so manchem deutschen Flughafen zügig. Zwar sind die Warteschlangen in Stoßzeiten auch in Palma lang, da aber gerade dann flexibel reagiert wird und genügend Leute bereitstehen, dauert es maximal zehn Minuten, bis man die Kontrolle passiert. Wenn an einer der beiden Sicherheitsschleusen deutlich mehr Betrieb als an der anderen ist, würde spontan Personal umverteilt, erklärt Olaf Sarbok. Auch weisen Anzeigetafeln am Aufgang die Wartezeit an beiden Schleusen aus, sodass die Fluggäste bereits vorher sehen können, an welcher Seite sie sich besser anstellen. „An Tagen mit vielen Passagieren sind häufig alle 32 Schleusen in Betrieb“, sagt Martin Rinker.

Und die hohe Geschwindigkeit der Abfertigung liege nicht daran, dass das Personal ungenau arbeite. „Der Flughafen von Palma gehört zu denen in Europa mit der höchsten Sicherheitsstufe“, sagt Rinker. Der Airport profitiert hierbei offensichtlich auch von der großen Erfahrung und der guten Ausbildung vieler Mitarbeiter. Rafael Bohórquez von der Gewerkschaft USO betont, dass außerdem die Arbeitsmoral des Personals sehr hoch ist. „Keiner der Kollegen ist sich zu schade, auch mal in einem anderen Bereich auszuhelfen, wenn es dort gerade hängt.“

Dass man sogar während der Streiks, etwa derzeit bei Ryanair und Easyjet, kaum eine Beeinträchtigung des Flugverkehrs gespürt hat, stört den Gewerkschafter allerdings. „Durch den gesetzlich von der Regierung festgelegten hohen Anteil der Mindestdienste wird der Ausstand ab absurdum geführt.“ Die Mitarbeiter könnten gar nicht die Arbeit niederlegen, selbst wenn sie wollten. Zwar sind einige wenige Verbindungen von Ryanair und Easyjet während der Ausstände ausgefallen, aber die Passagiere hätten wenig vom Streik mitbekommen, berichtet Rafael Bohórquez. „Wir fühlen uns von der Regierung verschaukelt“, sagt er.

Self-Handling

Ein weiterer Grund für eine zügigere Abwicklung der Flüge ist das sogenannte Self-Handling, das inzwischen mehrere große Airlines, wie etwa Ryanair, Eurowings oder auch Easyjet nutzen. Das bedeutet, diese Fluggesellschaften sind nicht auf externe Dienstleister etwa für die Gepäckverladung oder das Boarding angewiesen und können flexibler beispielsweise auf mögliche Änderungen im Flugplan reagieren. „Dadurch, dass das Personal ausschließlich für uns arbeitet, gibt es keine Wartezeiten, weil eventuell eine Maschine einer anderen Airline vor uns dran ist“, erklärt Martin Rinker.

Auf dem Vorfeld

Auch direkt am Flugzeug kann der Flughafen Palma auf eine eingespielte Mannschaft zurückgreifen. Sobald eine Maschine landet, greift ein Rädchen ins andere, der Tanklaster kommt angefahren, das Gepäck wird abgeladen, die Passagiere steigen aus, das Catering wird gebracht. Die Absprachen funktionieren laut der Branchenkenner in Palma bestens, zu Verzögerungen kommt es höchstens, wenn ein Flug mit starker Verspätung landet und damit den Ablaufplan durcheinanderbringt. Im Normalfall kann ein Flugzeug nach 45 Minuten Standzeit wieder abheben.

Kleinere Probleme

Ganz störungsfrei geht es aber auch in Palma nicht immer. Ärger macht laut Olaf Sarbok von Tuifly hin und wieder die vor zwei Jahren installierte Gepäck-Sortieranlage, die nach der Corona-Pandemie nun ihre Feuertaufe bestehen muss. „Wenn viele Gepäckstücke auf einmal kommen, hakt die Anlage manchmal“, sagt Sarbok. Verlorene oder verspätet angekommene Gepäckstücke sind denn auch die Nummer 1 der Beschwerdegründe am Flughafen von Palma, wie das Verbraucherschutzportal Reclamio am Dienstag (26.7.) schrieb.

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