Das neue Wohnraumgesetz hat auf Mallorca eine ziemlich kurze Halbwertszeit

Das Regelwerk ist erst kürzlich in Kraft getreten. Was darin steht – und was die Konservativen nach ihrem Wahlsieg voraussichtlich einkassieren werden

Die Wohnungspreise steigen weiter. Wie das zu verhindern ist, darüber haben Konservative und Linke unterschiedliche Ansichten.

Die Wohnungspreise steigen weiter. Wie das zu verhindern ist, darüber haben Konservative und Linke unterschiedliche Ansichten. / PERE JOAN OLIVER

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Kaum ist das Wohnraumgesetz der spanischen Linksregierung in Kraft getreten, dürfte es in weiten Teilen des Landes bald schon wieder hinfällig sein. Da hatte man innerhalb der Koalition aus Sozialisten und Unidas Podemos in Madrid nun drei Jahre gestritten und sich schließlich auf ein Regelwerk geeinigt, das vor allem die einkommensschwächeren Teile der Bevölkerung vor exorbitanten Immobilien- und Mietpreisen schützen sollte und nun ist nach den Regional- und Kommunalwahlen am 28. Mai wieder alles anders.

Das Thema Wohnen fällt nahezu ausschließlich in die Kompetenzen der Autonomen Regionen und der Rathäuser, und dort hat mehrheitlich die konservative Volkspartei PP das Rennen gemacht. Die PP hält nichts von dem „interventionistischen“ Gesetz, das hat die Partei bereits unmittelbar nach der Verabschiedung im Abgeordnetenhaus klargemacht.

Gesetz könnte nach dem 23. Juli wieder komplett gekippt werden

Nach Ansicht von Experten können die Konservativen bei einem möglichen Sieg bei den spanischen Parlamentswahlen am 23. Juli das gesamte Gesetz wieder kippen. In der Zwischenzeit dürften Eigentümer, Vermieter und Mieter allerdings in Unklarheit verharren, wie es in der Praxis nun laufen wird.

Klar dürfte bereits vor den Parlamentswahlen sein, dass der geplante Mietendeckel in den sogenannten zonas tensionadas auf den Balearen nicht kommen wird. Diese Möglichkeit sieht das Gesetz vor, um in Gebieten, in denen aufgrund der Preise eine angespannte Wohnsituation herrscht, eine Mietpreisbremse einzuführen.

Kein Mietendeckel mehr

Die Autonomen Regionen können diese Gebiete für einen Zeitraum von drei Jahren ausweisen. Um als zona tensionada definiert zu werden, muss laut Gesetz eine von zwei Bedingungen erfüllt sein: Entweder die durchschnittlichen Mietpreise betragen in dieser Gegend mehr als 30 Prozent des durchschnittlichen Einkommens der Bevölkerung vor Ort oder es gab in den vergangenen fünf Jahren eine Erhöhung um drei Prozentpunkte über dem Verbraucherpreisindex. Die Balearen-Regierung hatte angekündigt, alle vier bewohnten Inseln komplett als zonas tensionadas definieren zu wollen. Die PP würde auf den Balearen keine einzige Gegend ausweisen.

Auch der zweite Mietendeckel, den das Gesetz beinhaltete, wird nach dem Rechtsruck nur wenig Zukunft haben. Dieser Mietendeckel sah vor, dass landesweit die Mietpreise im Jahr 2023 nur um zwei Prozent erhöht werden können. Im Jahr 2024 sollten es dann maximal drei Prozent sein. Darüber hinausgehend sollte das spanische Statistikinstitut INE bis zum 31. Dezember 2024 einen neuen Mietpreisindex ausarbeiten, nach dem sich dann die jährlichen Mieterhöhungen richten sollten.

Maklergebühr soll von den Vermietern getragen werden

Bisher war nicht klar, wie dieser Index aussehen sollte, und auch in dem nun veröffentlichten Gesetz findet sich nichts Genaueres dazu. Es stand lediglich fest, dass dieser Index – anders als bisher – von der allgemeinen Inflationsrate abgekoppelt sein und deutlich niedriger liegen sollte.

Das neue Gesetz sollte vor allem Mietern entgegenkommen. So muss die Maklergebühr bei einer neuen Vermietung ab sofort vom Vermieter getragen werden, statt wie bisher vom Mieter. In der Praxis zeigt sich auf Mallorca allerdings, dass diese Regelung schon jetzt unterhöhlt wird und die Vermieter diese zusätzliche Ausgabe direkt auf den Mietpreis aufschlagen. Das neue Gesetz soll Mietern auch insofern zugutekommen, dass der Mietvertrag im Falle einer „vulnerablen Situation“ bei Bedarf um ein Jahr verlängert werden kann, in einer zona tensionada sogar bis zu drei Jahre. Auch diese Aspekte dürften von der PP umgehend wieder einkassiert werden.

Steuerrabatte statt Verbote

Auf den Balearen hat Wahlsiegerin Marga Prohens angekündigt, die Wohnungsnot nicht mit Verboten oder Beschränkungen in den Griff bekommen zu wollen. Stattdessen will die Konservative die Bedingungen dafür schaffen, dass die bis zu 70.000 leer stehenden Wohnungen auf den Inseln – davon rund 30.000 in Palma – wieder auf den Markt kommen. Ein wichtiges Instrument dabei sind Steuererleichterungen für Neu-Immobilienkäufer und Eigentümer, die ihre Wohnungen auf den Mietmarkt bringen.

Der Aspekt der Steuernachlässe taucht auch in dem sozialistischen Wohnraumgesetz auf. Vermieter mit maximal neun Immobilien profitieren demnach von Rabatten bei der Steuererklärung. Allerdings müssen sie auf der anderen Seite die Mieten einfrieren oder senken. Wer die Mietpreise um fünf Prozent reduziert, kann mit einem Nachlass bei der Einkommensteuer auf die Vermietung zwischen 50 und 90 Prozent rechnen.

Vermietungen an junge Leute zwischen 18 und 35 Jahren werden mit einer Erleichterung von 70 Prozent belohnt, und wer im Lauf der zwei vorangegangenen Jahre Renovierungen veranlasst hat, bekommt einen Nachlass von 60 Prozent. Wer mehr als zehn Immobilien besitzt, also ein sogenannter gran tenedor ist, für den gelten die Steuererleichterungen nicht.

Härtere Gangart

Weitere Aspekte des Wohnraumgesetzes sind etwa die Regelungen zu Zwangsräumungen, die sogenannten desahucios, die ohne konkreten Termin ab sofort verboten sind. Außerdem können diese Prozesse in Zukunft deutlich hinausgezögert werden, bis zu 24 Monate. Von einer drohenden Zwangsräumung betroffene Personen haben nun das Recht auf Einsicht in die Gerichtsakten sowie auf eine Wohnalternative.

Der spanische Staat muss andere Wohnmöglichkeiten anbieten oder die Option auf eine sozialverträgliche reduzierte Miete. Diese vermeintliche Begünstigung von Hausbesetzern haben sowohl PP als auch die rechtspopulistische Vox zu einem Hauptthema ihres Wahlkampfes gemacht.

Ein weiterer Passus im Wohnraumgesetz sieht vor, dass in den Städten der Anteil der für Sozialwohnungen reservierten Flächen von 30 auf 40 Prozent der zur Bebauung vorgesehenen Flächen erhöht werden muss. In Gegenden, die noch nicht als Bauland ausgewiesen sind, sollen sie sich auf 20 Prozent verdoppeln. Der über Jahre hinweg vernachlässigte Bau von Sozialwohnungen ist einer der Gründe für die Wohnungsnot auf Mallorca.

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