Zehn Minuten später wäre es Freiheitsberaubung gewesen: Kurz vor Ablauf der gesetzlichen Frist für ihre Freilassung haben um 23.50 Uhr am Freitag auch die letzten beiden der acht noch im Gefängnis auf Mallorca verbliebenen Kegelbrüder nach fast zwei Monaten die Untersuchungshaft verlassen, um bereits am Morgen darauf die Heimreise nach Deutschland anzutreten.

Die sichtlich ermüdeten, aber erleichterten Deutschen wurden vor den Gefängnistoren von Angehörigen, dem Pfarrersehepaar der evangelischen Gemeinde auf Mallorca und ihren Mitarbeiterinnen sowie dem deutschen Konsul empfangen und erst einmal feste gedrückt. Auch die eine oder andere Träne floss.

Ihre Familien in Deutschland konnten über Handy-Liveschaltungen an der Freilassung teilhaben. Zugegen waren auch an die knapp 20 Reporter und Fotografen. Der Fall hat in Deutschland großes Aufsehen erregt. Der offensichtlich an der weiteren journalistischen Verwertung des Falls sehr interessierte Privatsender RTL etwa entsandte zur Freilassung gleich mehrere Kamerateams.

Vorausgegangen waren sieben Stunden des Wartens auf die Überstellung des durch einen geschickten Schachzug der Verteidiger erwirkten richterlichen Beschlusses. Die jungen Männer werden beschuldigt, am 20. Mai an der Playa de Palma einen schweren Brand verursacht zu haben. Sie verlassen die Untersuchungshaft nach Hinterlegung einer Kaution von je 12.000 Euro. Fünf weitere Mitglieder des Münsteraner Kegelvereins waren bereits zuvor auf freien Fuß gesetzt worden.

Kegelbrüder verlassen die Untersuchungshaft und kommen in Arenal unter

Die acht Freigelassenen verbrachten die Nacht im evangelischen Gemeindehaus in Palma - ein noch in der Nacht geschossenes Foto zeigt sie dort überglücklich mit dem Pfarrersehepaar Martje Mechels und Holmfried Braun, der Gemeindesekretärin Catalina Vallespir und dem deutschen Konsul Wolfgange Engstler. Sie hatten die Festgenommenen in den zurückliegenden knapp zwei Monaten im Gefängnis betreut und hatten ebenfalls Grund zum Feiern.

Die Rückreise nach Deutschland erfolgte am Samstagmorgen - die acht Kegelbrüder und ihre Verwandten nahmen den erstmöglichen Flug nach Deutschland, gegen 9 Uhr landete die Ryanair-Maschine laut einem Bericht der "Bild" in Münster, wo bereits Verwandte und Freunde warteten.

Die 13 Kegelbrüder werden beschuldigt, in Arenal von einem Hotelbalkon aus mit brennenden Zigaretten das Schilfdach einer Bar in Brand gesetzt und damit große Schäden angerichtet zu haben. Sie selbst bestreiten dies.

Cleverer Schachzug der Verteidigung ermöglichte die Freilassung

Der von Beginn an mit dem Fall betraute Ermittlungsrichter hatte bereits mehrere Anträge auf Freilassung abgelehnt, war aber diese Woche im Urlaub. Die spanischen Anwälte Maria Barbancho und Unai Mienza nutzten die Gelegenheit, um die Freilassung bei einer anderen Ermittlungsrichterin zu beantragen. Eine bereits für Dienstag vorgesehene Anhörung vor dem Landgericht ist somit nicht mehr nötig.

Der Brand hatte am frühen Nachmittag des 20. Mai die von einem Schilfdach bedeckte Außenterrasse der von Deutschen betriebenen Bar Why not Mallorca an der Playa de Palma zerstört. Das Feuer richtete auch an einem darunter liegenden Bordell, einer Privatwohnung und dem angrenzenden Hotel Schäden an. Die Rauchwolken zogen über die Playa de Palma hinweg.

Am Freitag (20.5.) gab es ein großes Feuer an der Playa de Palma. MZ

Drei Menschen sollen bei dem Brand leicht verletzt worden sein. Die Polizei hält eine fahrlässig oder mutwillig von einem Hotelbalkon heruntergeworfene glühende Zigarettenkippe für die wahrscheinlichste Brandursache.

Kegelbrüder feierten nach ihrer Ankunft auf Mallorca an der Playa und auf den Hotelbalkonen

Die jungen Männer hielten sich zu diesem Zeitpunkt in dem Hotel auf. Die insgesamte 13-köpfige Freundesgruppe war am Morgen für ein langes Partywochenende nach Mallorca gereist. Zwei Augenzeuginnen wollen gesehen haben, wie einige der jungen Männer auf ihren Hotelbalkonen feierten und sich mit Bier besprühten. Eine der beiden Zeuginnen meint auch gesehen zu haben, dass die Kegelbrüder Zigarettenkippen auf das dann in Brand geratene Schilfdach warfen.

Das Schilfdach der Bar Why not Mallorca brannte lichterloh. DM

Die deutschen Urlauber waren noch am selben Tag des Brandes von der Polizei festgenommen worden. Vor dem Haftrichter verweigerten sie zunächst geschlossen eine Aussage und wurden daraufhin in Untersuchungshaft eingewiesen.

In einer erneuten Anhörung knapp zwei Wochen später beteuerten sie ihre Unschuld. Demnach hätten drei von ihnen von ihren Balkonen aus den Brandgeruch bemerkt und seien daraufhin über die Geländer auf den an das Schilfdach angrenzenden Hotelbalkon geklettert, um zu schauen, was geschehen war. Danach hätten sie ihre Zimmer verlassen und andere Hotelgäste vor dem Brand gewarnt. Mehrere von ihnen sind Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr in Münster.

Ein Handyfoto scheint die deutschen Urlauber zu entlasten

Wie es zu dem Brand kam, ist weiterhin unklar. Eine offene Frage ist, ob das Hotelzimmer, dessen Balkon an das Schilfdach angrenzt, belegt war, als der Brand ausbrach. Die Polizei geht davon aus, dass die zwei Männer, die dort untergebracht waren, kurz vor dem Brand das Zimmer verließen und aus dem Hotel auscheckten.

Ein von einem der Kegelbrüder aufgenommenes Handyfoto deutet jedoch darauf hin, dass zumindest einer von ihnen kurz vor Ausbruch des Feuers auf dem Balkon war. Das Bild zeigt einen Mann, der über das Geländer zum Schilfdach lehnt und anscheinend eine Zigarette in der Hand hält. Auch eine Videoaufnahme soll von diesen beiden Gästen existieren.

Das von einem der Kegelbrüder aufgenommene Foto eines Mannes auf dem Hotelbalkon, der an das in Brand geratene Schilfdach angrenzt. MZ

Die ersten fünf Kegelbrüder kamen bereits am 2. Juni frei

Fünf der Kegelbrüder durften bereits Anfang Juni die Untersuchungshaft verlassen. Einer von ihnen konnte nachweisen, dass er unter der Dusche stand, als der Brand ausbrach. Die Zimmer der anderen vier befanden sich auf der anderen Seite des Hotels.

Zu den vom Ermittlungsrichter beschlossenen Auflagen für eine Entlassung aus der Untersuchungshaft gehörte auch eine sogenannte "Solidarhaftung" über 500.000 Euro, die von den Beschuldigten zu hinterlegen war.

Die Familien in Deutschland hatten das Geld laut Aussagen des deutschen Anwalts schnell zusammengetragen, komplizierter gestaltete sich dann aber die formal korrekte Überweisung an das spanische Gericht. Auch hier war wieder das spanische Anwaltsteam von Maria Barbancho und Unai Mieza gefordert.

Die spanische Strafverteidigerin Maria Barbancho. Privat

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Nach der anfänglichen Aufregung über den Brand und die Festnahmen ist der Fall in der mallorquinischen Öffentlichkeit kaum noch Thema. Nicht so in Deutschland, wo die großen Boulevardmedien seit Wochen über die Kegelbrüder berichten. Zumeist gehen sie dabei von der Unschuld der 13 Kegelbrüder aus.